"Geniales Wochenende": Der 1. FC Köln reitet mit Steffen Baumgart auf der Erfolgswelle
"Kumm, loß mer fiere" schallte es am Samstagnachmittag nach Abpfiff durch das RheinEnergieStadion. Und die musikalische Aufforderung "Komm, lasst uns feiern“ ließ sich das Gros der 25.000 Zuschauer im Kölner Westen nicht zweimal sagen: Mit 2:1 hatte der 1. FC Köln soeben den VfL Bochum besiegt – und mit einer abermals mitreißenden Leistung den zweiten Heimsieg im zweiten Heimspiel eingefahren. "Joker" Louis Schaub (82.) und der ebenfalls eingewechselte Tim Lemperle (90.+1) sorgten für Glücksgefühle bei den "Geißböcken", für den Aufsteiger kam der Anschlusstreffer durch den ehemaligen Kölner Simon Zoller (90.+4) zu spät.
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"Es war ein verdienter Sieg, wir haben ein sehr dominantes Spiel gesehen und immer wieder mutig nach vorne gespielt. Schön, dass sich die Jungs belohnt haben", urteilte Trainer Steffen Baumgart nach der Partie, die lange auf Messers Schneide stand. Und das, obwohl letztlich 21 zu 10 Torschüsse für seine Mannschaft zu Buche standen. Zweimal hatte der Pfosten bei Abschlüssen von Anthony Modeste (4. / 74.) eine Führung der "Geißböcke" verhindert, dazu wurde einem Treffer von Dejan Ljubicic (15.) die Anerkennung verweigert. Weitere herausragende Chancen ließen die fast schon verzweifelt anrennenden Kölner, die über Strecken den VfL Bochum zu erdrücken schienen, nahezu fahrlässig liegen.
Spielbericht: "Joker" Schaub und Lemperle schießen den 1. FC Köln zum Heimsieg
Dass am Ende doch ein wichtiger Erfolg gegen den Aufsteiger heraussprang, der den 1, FC Köln mit sechs Punkten in die Länderspielpause gehen lässt, hatte die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart auch seiner Qualität von der Bank zu verdanken. "Es ist immer die Aufgabe der Spieler, die von der Bank kommen, dass sie neuen Schwung bringen - alle Einwechselspieler haben das heute super gemacht", gab Louis Schaub an alle Joker weiter. Der Österreicher hatte zuvor die erlösende Führung erzielt – auf Vorlage seines Landsmanns Florian Kainz schlug der eingewechselte Offensivmann eiskalt zu und ließ das RheinEnergieStadion erbeben. "Wir haben uns für die 90 Minuten belohnt, es war ein richtig gutes Spiel von uns", unterstrich der 26-Jährige, der in der vergangenen Saison keine Rolle in Köln spielte und in die Schweiz an den FC Luzern verliehen wurde.
Aufschwung dank laufstarkem Pressing
Für die Vorentscheidung sorgten dann zwei weitere Einwechselspieler: Tomas Ostrak verarbeitete bei seinem Bundesliga-Debüt einen Ball auf der linken Seite technisch anspruchsvoll, die Flanke des jungen Tschechen fand mit Tim Lemperle einen weiteren Youngster. Dessen Torpremiere in der Bundesliga machte den Deckel drauf auf den zweiten Heimsieg im zweiten Heimspiel der Saison – der Anschlusstreffer durch Simon Zoller war zu wenig für Bochum, das nur zwischen der 30. und der 60. Minute auf Augenhöhe mit den Gastgebern agierte. Nur zum Vergleich: In der gesamten vergangenen Saison, als die "Geißböcke" erst über die Relegation den Klassenerhalt einfahren konnten, hatten sie im eigenen Stadion nur drei Mal gewonnen.
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Doch woher kommt der Aufschwung der Kölner, die Ende Mai auf den letzten Drücker noch den Verbleib in der Bundesliga sichern konnten? Der neue Coach hat die Mannschaft umgebaut: Von einer ängstlich agierenden Mannschaft, die sich in der Defensive verschanzt und auf Konter lauert, zu einem aggressiv pressenden Kollektiv, das mutig nach vorne verteidigt und seine Chancen sucht. Die "Geißböcke" zählen nach den ersten drei Partien zu den offensivstärksten Teams der Bundesliga, haben bereits sieben Treffer erzielen können. Dazu präsentiert sich die Mannschaft enorm fit, läuft 117,6 Kilometer pro Partie und ist auch bei den Sprints sowie den intensiven Läufen in der Spitzengruppe aller 18 Clubs. Baumgart und der FC – das scheint derzeit sehr, sehr gut zu passen.
Startbilanz wie einst bei der Europapokal-Qualifikation
Auch, weil der neue Trainer gegen Bochum auf zwei kopfballstarke Angreifer setzte. Sowohl der auffällige Modeste als auch Sebastian Andersson sorgten in vorderster Front für die entsprechende Wucht, die der FC auch einzusetzen weiß. Die kopfballstarken Stürmer werden von den Mitspielern immer wieder gesucht: Keine Mannschaft schlug in der Bundesliga mehr Flanken als die Kölner (56). Kaum verwunderlich, dass die "Geißböcke" an den ersten drei Spieltagen die meisten Kopfball-Torschüsse abgaben (15) und schon drei Kopfballtore erzielen konnten. Zum Vergleich: 2020/21 waren es drei Kopfballtore nach der gesamten Hinrunde. Und wenn es für Modeste und Co. nicht mit Köpfchen klappt, dann springen die eingewechselten Spieler ein und erzielen nach zwei perfekt getimten Flanken die Treffer zum umjubelten zweiten Heimsieg im zweiten Versuch. Zuletzt gelang das dem FC 2016/17 – in diesem Jahr qualifizierte man sich für den Europapokal.
Die Trainerstimmen zum 3. Spieltag
Diese zuletzt seltenen Erfolgserlebnisse wissen die Kölner zu Beginn der Saison 2021/22 selbstverständlich zu genießen. „Es hörte sich eher an wie 50.000 Zuschauer denn wie 25.000. Das ist für uns ein geniales Wochenende“, schilderte Torschütze Schaub im Anschluss. Und den FC-Fans, die endlich wieder ins Stadion dürfen, bot die Mannschaft wie schon in den bisherigen beiden Bundesliga-Partien eine mehr als ordentliche Show. Modeste traf früh nach einer Flanke des starken Benno Schmitz (für Kingsley Ehizibue in der Startelf) nur den Pfosten, der auffällige Ljubicic bekam gleich zwei Treffer zurückgepfiffen. Der FC drückte, der FC drängte, der FC dominierte – doch Tore wollten nicht fallen.
Baumgart: "Alle im Team sind wichtig"
Nach etwas Leerlauf zu Beginn der zweiten Hälfte läutete der FC mit einer Großchance von Sebastian Andersson, der bei einer Kainz-Hereingabe in aussichtsreicher Position den Ball verpasste (63.), eine fulminante Schlussoffensive ein. Erst schoss Jonas Hector knapp daneben (68.), dann traf der umtriebige Modeste abermals den Pfosten (74.) und zielte aus der Distanz nicht genau genug (77.). Als im RheinEnergieStadion schon fast der Glaube an den hochverdienten Treffer schwand, schlug Schaub zu und ließ die FC-Fans endlich jubeln. "Ich habe es öfter schon betont: Es gibt nicht nur die erste Elf. Die Jungs machen es alle gut. Auch die, die reinkommen. Alle im Team sind wichtig", betonte Baumgart später die Wichtigkeit des gesamten Kaders.
Die Bundesliga-Tabelle nach dem 3. Spieltag
Und wie wichtig beispielsweise Schaub in diesem Spiel war: Der Österreicher leitete mit einem klugen Zuspiel auf die linke Außenbahn seinen Treffer selbst ein, startete dann zielgerichtet durch und vollendete die Flanke seines Landsmanns Florian Kainz in perfekter Mittelstürmermanier. Dass auch der zweite Treffer eine Co-Produktion zweier „Joker“ war, passte ebenso gut ins Bild wie die Tatsache, dass sowohl Ostrak als auch Lemperle aus der FC-Nachwuchsabteilung stammen. Ein sympathischer Nebenaspekt an diesem Samstagnachmittag, der den leiderprobten Kölner Fans wieder einmal großen Spaß gemacht hatte. "Kumm, loß mer fiere" hieß das Motto im RheinEnergieStadion nach Abpfiff. Und nicht nur das: Im weiten Rund, das gar kein Rund ist, wurde auch von internationalen Ehren gesungen. Wer sagt denn, dass es auf einer Feier allzu nüchtern zugehen muss?
Thomas Reinscheid
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