Der Kurzzeit-Tabellenführer: Der 1. FC Union Berlin jagt weiter den FC Bayern München
Nach dem 2:1 gegen den 1. FSV Mainz stand der 1. FC Union Berlin über Nacht an der Tabellenspitze. Die Köpenicker überzeugen mit ihrer defensiven Organisation und zeigen Charakter. Macht das die "Eisernen" zu einem Titelkandidaten?
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"Deutscher Meister wird nur der FCU!", skandierten die Fans minutenlang nach dem 2:1-Erfolg des 1. FC Union Berlin gegen den 1. FSV Mainz 05. Was die Zuschauer in den 90 Minuten zuvor im Stadion An der Alten Försterei sahen war auch ein kleines Meisterstück von Urs Fischer und seinen Mannen: Die Köpenicker überzeugten – mal wieder – mit ihrer defensiven Organisation und bewiesen nach dem Elfmeter-Ausgleich aus dem Nichts Charakter, gingen wieder in Führung und holten sich den verdienten Dreier. "Im Anschluss an das 1:1 konnten wir nochmal einen Gang hochschalten und mit letztem Willen und voller Entschlossenheit das 2:1 durch Jordan machen", freute sich Anführer Rani Khedira nach dem Spiel. Trotz der bereits 39 erspielten Punkte tritt das Team auf die Euphorie-Bremse: "Wir genießen den Moment“, sagte Kapitän Christopher Trimmel nach der Partie. "Wir wollen so lange wie möglich oben bleiben, aber vom deutschen Meister sprechen wir nicht."
Aber warum eigentlich nicht? Zwölf Siege haben die Berliner schon eingefahren – nur der BVB kommt ebenfalls schon auf ein Dutzend Dreier. Sogar die Bayern haben "erst" elf Siege eingefahren. Der vor der Saison anvisierte Klassenerhalt, beziehungsweise die 40-Punkte-Marke, sind in greifbarer Nähe für die Köpenicker.
Roussillon blüht auf
"Sie stehen nicht umsonst da vorne", sagte Martin Schmidt, der Sportdirektor der Mainzer nach dem Spiel der Seinen an der Alten Försterei. Wie schon mehrere Mal in dieser Saison agierten die "Eisernen" nun auch gegen die Nüllfünfer im Stile einer Spitzenmannschaft: Im ersten Durchgang kamen die Rheinhessen zu keinem einzigen Torabschluss. Die Köpenicker glänzen mit ihrer Kompaktheit, machen es mit ihrer perfekt abgestimmten Dreierreihe in der Abwehr, die gegen den Ball oft auch zur Fünferkette wird, äußerst eng für die gegnerischen Teams.
Dass die Unioner in der Offensive nur mit langen Bällen operieren, kann längst in die Fabelwelt verwiesen werden. Gegen Mainz hatten die Berliner im ersten Durchgang teilweise mehr als 60 Prozent Ballbesitz, kombinierten sich vor allem auf den Außenbahnen immer wieder sehenswert in die Tiefe. Neuzugang Jerome Roussillon, der im Winter vom VfL Wolfsburg nach Berlin wechselte, sorgte auf seiner linken Seite regelmäßig für gefährliche Hereingaben in den Strafraum und suchte zudem selbst den Abschluss: Der Franzose spielt wie zu seinen besten Zeiten vor zwei, drei Jahren beim VfL.
Behrens liefert ab
Der Linksverteidiger, beziehungsweise linke Schienenspieler, ist nicht der einzige, den Coach Urs Fischer bei Union Berlin "wachgeküsst" hat: Auch Kevin Behrens darf dazugezählt werden. Der Angreifer, der im Sommer 2021 vom SV Sandhausen zu den Köpenickern wechselte, ist aktuell nicht aus der ersten Elf Unions wegzudenken: In den vergangenen acht Spielen erzielte der kantige Angreifer vier Tore und erkämpfte sich ab dem 12. Spieltag einen Stammplatz. Fünf seiner insgesamt sechs Bundesliga-Treffer waren Führungstreffer für den FCU, mit einem gelang ihm der Ausgleich.
Dass Union mit dem Stürmer, der immer besser in der Bundesliga zurechtkommt, auch in Zukunft zusammenarbeiten will, ist da nur verständlich: Der 32 Jahre alte Angreifer, der am Freitag Geburtstag feierte, verlängerte nach dem Sieg gegen Mainz seinen Vertrag. "Ich fühle mich bei Union sehr wohl, was man auch auf dem Platz erkennt. Sowohl der Trainer als auch die Mannschaft geben mir das Gefühl, für das Team wichtig zu sein, sodass ich nicht lange über meine Verlängerung nachdenken musste", wird der Angreifer in einer Club-Mitteilung zitiert. Behrens arbeitet unermüdlich in der vordersten Linie als erster Anläufer, verfügt zudem über eine enorme Kopfballstärke, strahlt große Gefahr bei Standards aus – wie eigentlich das ganze Berliner Team, das sich gegen Mainz nach Ecken und Freistößen immer wieder in aussichtsreiche Positionen brachte.
Wochen der Wahrheit für Union
39 Punkte nach 19 Spielen – das sind etwas mehr als zwei Zähler im Schnitt pro Partie. Halten die Unioner diese Punkte-Pace, können sie Ende der Saison mit 68 Zählern oder mehr ins Ziel kommen. Die Champions-League-Qualifikation wäre dann durchaus drin. Und wer weiß – schwächeln die Bayern, die bereits sieben Mal remis spielten, weiter, könnte für Union am Ende der Saison noch mehr drin sein. Die kommenden Wochen werden zum Lackmustest für die Hauptstädter: Kommenden Samstag geht es im Topspiel zu RB Leipzig, dann stehen die Europa-League-Duell mit Ajax Amsterdam an. Zwischendrin empfangen die Berliner Schalke.
Und Ende des Monats, am 26. Februar genauer gesagt, geht es nach München: Der Rekordmeister empfängt die Köpenicker. In der Hinrunde trennten sich die beiden Teams 1:1. Geht es für Union in den kommenden Tagen und Wochen also so erfolgreich weiter wie zuletzt, 2023 gab es nur Siege für die "Eisernen", müssen sie wohl ihr Saisonziel nach oben korrigieren. Ob der Titel, wie es die FCU-Fans am Samstag sangen, dann nur über die Berliner geht, wird sich zeigen. Zuzutrauen wäre es den Köpenickern, die sich in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt und verbessert haben.
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