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Die Unbesiegt-Serie von Bayer Leverkusen ist vorbei: Nach 35 Spielen schließt sich der Kreis

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35 Spieltage und damit etwas mehr als eine volle Saison blieb Bayer 04 Leverkusen in der Bundesliga - und nebenbei auch allen anderen deutschen Wettbewerben - unbesiegt. Die "Invincibles"-Serie begann und endete am selben Ort - gegen denselben Gegner...

Der Kreis beginnt und schließt sich gegen Leipzig

Es war ein besonderer Saison-Auftakt für die Werkself: Nach einer Niederlage gegen den VfL Bochum am 34. Spieltag besiegte Bayer 04 Leverkusen in einem absoluten Top-Duell die im Vorjahr drittplatzierten Leipziger. Sommerneuzugang Victor Boniface war sofort im Spiel, sammelte im der 24. Minute mit einer Torvorlage für Jeremie Frimpong den ersten Scorerpunkt. Das 2:0 durch Abwehrchef Jonathan Tah wurde mit Jonas Hofmann ebenfalls von einem Transfer aufgelegt.

Genauso wie die beiden Angreifer starteten auch Linksverteidiger Alejandro Grimaldo und Mittelfeldregisseur Granit Xhaka sofort – alle vier großen Sommertransfers griffen ineinander und waren sofort da. Zudem gab der 1. Spieltag mit dem zwischenzeitlichen 3:1-Treffer von Florian Wirtz eine Vorschau darauf, wie der Youngster in dieser Saison weiter aufblühte. Die Werkself zeigte: Mit uns ist zu rechnen!

In der Nachbetrachtung bekommt dieser 3:2-Auftakterfolg zuhause gegen RB Leipzig einen ganz besonderen Dreh: Denn das nächste Heimspiel gegen die Sachsen sollte nun nach 35 Bundesliga-Spielen ohne Niederlage das Ende der Serie sein - passenderweise mit einem Comeback und dem umgedrehten Ergebnis: 2:3.

Die erste Last-Minute-Rettung gegen den Rekordmeister

Nur drei Spieltage nach dem überzeugenden Erfolg zum Saisonstart stand das nächste schwere Spiel an: Leverkusen musste beim Titelverteidiger und Rekordmeister FC Bayern München ran. Beide Teams waren mit drei Siegen aus den ersten drei Spielen in die Saison gestartet, der Erste - Leverkusen - musste zum Zweiten. In diesem Topspiel auf Augenhöhe gingen die Bayern dank Superstürmer Harry Kane bereits in der 7. Minute in Führung, doch die Werkself zeigte bereits so früh in der Saison ihre wohl größte Stärke: Resilienz.

Das 0:1 egalisierte Grimaldo mit einem traumhaften, direkt verwandelten Freistoß. Leverkusen entwickelte ein spielerisches Übergewicht, doch Leon Goretzka gelang in der 86. Minute das 2:1. Die Entscheidung? Von wegen! Mit einem Last-Minute-Elfmeter (90. +4) von Exequiel Palacios sicherte sich Bayer 04 den verdienten Auswärtspunkt. Es deutete sich ein gewisser Trend an: Die Werkself kann in dieser Saison mit allen mithalten und jedes Spiel gewinnen, niemand gibt auf und alle stemmen sich gegen eine drohende Niederlage.

Der Start von "Last-Minute-Leverkusen"

Bereits vor der Winterpause gab es für die Werkself die erste kleine Schwächephase mit Unentschieden gegen Borussia Dortmund und den fantastischen VfB Stuttgart. Doch die Werkself kämpfte sich heraus. Nach der Winterpause ohne viele Afrika-Cup-Fahrer rund um Topstürmer Boniface drohte der nächste Rückschlag - beim FC Augsburg war es richtig schwierig. Die Fuggerstädter kämpften - und erarbeiteten sich spät im Spiel zwei Topchancen: Erst schaffte Ermedin Demirović es nach tollem Steilpass nicht, den Ball ins Tor zu schießen, dann jubelte Phillip Tietz nach ähnlicher Situation - doch bei beiden Szenen starteten die Augsburger aus dem Abseits und Leverkusen entging knapp dem Rückstand.

Ein Leverkusener Sieg wäre zwar verdient gewesen, doch so richtig wollte es nicht funktionieren. Bis Palacios den Moment aus dem Bayern-Spiel wiederholte und in der vierten Minute der Nachspielzeit eiskalt den Ball in die Maschen drosch - "Last-Minute-Leverkusen" war geboren.

Immer wieder gegen Leipzig

Auch Abseits von Anfang und Ende der "Invicible"-Serie hatte das Winter-Duell gegen Leipzig einen riesigen Stellenwert. Denn am 18. Spieltag konnte die Werkself lange nur gerade so mithalten - erst gingen die Sachsen mit 1:0 in Führung, nach Ausgleich stellten sie wieder auf 2:1. Doch damit endete das Spiel nicht - erst stellte Jonathan Tah auf 2:2, dann war es Piero Hincapie, der natürlich das 3:2-Endergebnis herstellte. Und wie sollte es anders sein: in der Nachspielzeit.

Machtdemonstration im Bayern-Rückspiel

Erster gegen Zweiter. Zwei Punkte Abstand. Gewinnt Leverkusen, bleiben sie an der Tabellenspitze. Gewinnt Bayern, erobern sie den Platz an der Sonne. Alles versprach ein herausragendes Topspiel zwischen Bayer 04 und München am 21. Spieltag. Und die Werkself hatte sich perfekt darauf eingestellt...

Im Spitzenspiel gab ausschließlich Leverkusen den Ton an. Die Mannschaft von Xabi Alonso ließ sich vom FC Bayern, der unerwartet mit einer Dreierkette antrat, nicht verwirren und spielte selbst wiederum etwas unerwartet mit der defensivstarken Bayern-Leihgabe Josip Stanišić auf dem rechten Flügel anstelle der rechten Innenverteidiger-Position, wo er zuvor Kossounou während des Afrika-Cups vertreten hatte. Ausgerechnet der eigentliche Münchner war es dann auch, der die Weichen auf Sieg stellte: In der 18. Minute lief der Rechtsverteidiger bei einem schnell ausgeführten Einwurf auf der linken Seite auf seinem rechten Flügel in den Sechzehner und verwertete komplett frei zum 1:0.

Später sorgte die "normale" Flügelzange in Person von Grimaldo und Frimpong mit jeweils einem Treffer für den klaren 3:0-Endstand. Die Werkself baute den Vorsprung auf den FC Bayern auf fünf Punkte aus und ebnete sich durch diese Glanzleistung selbst den Weg zur Meisterschale.

"Last-Minute-Leverkusen" funktioniert auch doppelt

Eine ganz besondere Leistung im Kampf gegen die Niederlage leistete die Werkself dann am 27. Spieltag. Im Duell mit der TSG Hoffenheim musste Leverkusen einen frühen Gegentreffer durch Nationalspieler Maximilian Beier hinnehmen und scheiterte ein ums andere mal an einem überragenden Oliver Baumann im TSG-Tor. Neun Paraden verzeichnete der Schlussmann in der gesamten Partie. Doch kurz vor Schluss klingelte es dann doch: Andrich in der 88. und Patrik Schick in der ersten Minute der Nachspielzeit setzten gleich zwei späte Treffer und wendeten dadurch nicht nur die Niederlage ab, sondern holten die vollen drei Punkte.

Mit Wundermitteln zum großen Ziel: Die "Invincible"-Saison

Bereits in der Hinserie waren es Dortmund und Stuttgart, die Bayer 04 mächtig Probleme machten. Leverkusen hatte gerade erst die vorzeitige Deutsche Meisterschaft perfekt gemacht - zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte. Der Spitzname "Vizekusen", er war Vergangenheit - die Werkself hatte allen Grund zu feiern. Man könnte meinen, das Ziel wäre erreicht gewesen - und gegen die schwierigen Gegnern würde der Druck abfallen.

Doch die Wundermittel ließen die "Invincibles" auch in der Rückrunde nicht im Stich: Zweimal innerhalb von einer Woche lag die Werkself zum Ende der regulären 90 Minuten zurück. Zweimal innerhalb von einer Woche stemmte Leverkusen alles gegen eine Niederlage und wurde belohnt: Stanišić jubelte gegen den BVB in der siebten, Andrich gegen den VfB in der fünften Minute der Extraspielzeit am Ende der Partie. 

"Es ist nicht einfach zu erklären, was wir hier schon wieder gemacht haben, nach dem Sieg in der letzten Minute vorige Woche. Das Ende war verrückt", gestand sich selbst Werkself-Coach Xabi Alonso nach dem Stuttgart-Unentschieden eine gewisse Sprachlosigkeit zu den Comeback-Qualitäten seines Teams ein. Und dann steckte er ein neues Ziel: "Die Meisterschaft ist erreicht, aber wir wollen weitermachen und nicht stoppen. Wir wollen jedes Spiel ungeschlagen bleiben - bis zum Ende der Saison!"

Der zweitspäteste Treffer - die drittlängste Serie der Bundesliga-Geschichte

Im Anschluss an die beiden Comeback-Siege machte es Leverkusen deutlich souveräner: 5:1 gegen Frankfurt, 5:2 gegen Bochum und ein zwar im Ergebnis knappes, aber eigentlich nicht gefährdetes 2:1 gegen Augsburg im Saisonfinale. Doch der Start in die neue Spielzeit bewies: "Last-Minute-Leverkusen" funktioniert noch. Die Comeback-Könige lagen lange mit 1:2 hinten, doch in der 88. Minute setzte Schick erneut den späten Ausgleich - inklusive Sieg im Elfmeterschießen nach 90 Minuten.

Dann trieb Leverkusen das "Spielglück" auf die Spitze: Am ersten Bundesliga-Spieltag der neuen Saison verspielte die Werkself eine 2:0-Führung bei Borussia Mönchengladbach, konnte dann aber so spät jubeln wie noch nie: Nach einer Spielunterbrechung zu Beginn der zweiten Halbzeit gab es zehn Minuten geplante Nachspielzeit - und in der neunten holte Amine Adli einen Strafstoß heraus. Wirtz traf an, verschoss - und versenkte den Nachschuss! Elf Minuten nach Ende der regulären 90 Minute feierte Last-Minute-Leverkusen erneut. Es war das zweitspäteste Tor der Bundesliga-Historie, nur Marius Bülter traf für FC Schalke 04 einmal noch eine Minute später.

Der Glaube war also auch eine Woche später da, als die Leverkusener gegen Leipzig mit 1:2 hinten lagen und sieben Minuten Nachspielzeit auf der Anzeigentafel standen. Doch mehrere gute Abschlüsse endeten spätestens bei Keeper Péter Gulácsi - und so endete die fantastische Serie der "Invincibles" nach 35 Bundesliga-Spielen. Zum ersten Mal blieb ein Team eine ganze Bundesliga-Spielzeit ohne Niederlage - saisonübergreifend reiht sich Bayer 04 Leverkusen auf Rang drei der längsten Unbesiegt-Serien ein.