Javi Martinez: Ein ganz Großer verlässt den FC Bayern München
Ein ganz Großer läuft ab Sommer nicht mehr für den FC Bayern München auf: Nach neun Jahren verlässt Javi Martinez den FCB. Der 32 Jahre alte Baske gewann mit den Münchnern zwei Mal das Triple und fünf Doubles. Mit seiner neunten Meisterschaft will sich der Welt- und Europameister nun von den Bayern verabschieden.
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Es läuft die 104. Minute des UEFA Supercups 2020, es steht 1:1 zwischen dem FC Bayern München und dem FC Sevilla. Der Europa-League-Sieger kann eine Ecke von der rechten Seite nur ungenügend klären, David Alaba schnappt sich den Ball und versucht es mit einem wuchtigen Linksschuss. Keeper Yassine Bounou, der einfach nur "Bono" genannt wird, kann das Geschoss nicht festhalten und lässt die Kugel nach vorne prallen. Dort steht der aufgerückte Defensiv-Spezialist Javi Martinez, der erst fünf Minuten zuvor eingewechselt wurde. Die Nummer 8 des FCB reagiert schnell und platziert das Spielgerät per Kopf links in die Maschen. Der Spanier, umringt von zahlreichen ihn herzenden Teamkollegen, blickt in den Budapester Nachthimmel und hat Tränen in den Augen. Die Bayern sichern sich mit einem 2:1 den UEFA Supercup, den sie auch 2013 gewinnen konnten.
Und wieder war es er, Javier Martinez Aguinaga, der einen wichtigen Treffer im Supercup-Finale erzielte: Schon nach seinem ersten Triple mit den Münchnern trug der 32 Jahre alte Baske 2013 mit einem späten Tor (2:2, 120.+1) gegen den FC Chelsea dazu bei, dass sich der FC Bayern dann im Elfmeterschießen die Trophäe holen konnte. "Ich versuche, im Bayern-Trikot immer alles zu geben, und das habe ich heute gezeigt. Auch wenn ich nur zehn oder 15 Minuten spiele", sagte Martinez nach dem Triumph über Sevilla.
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Ab Sommer wird der 1,89 Meter große Akteur, der sowohl im defensiven Mittelfeld, als auch in der Innenverteidigung eine gute Figur macht, allerdings nicht mehr für die Bayern spielen: Martinez verlässt München - nach neun Jahren. "Ich habe diesen Verein gelebt", sagt der Baske, der "sehr glücklich über die vielen Titel" ist, die er mit den Bayern geholt hat. Wie bereits erwähnt, gelangen ihm beim FCB der Gewinn zweier Triple. Zudem holte der 32-Jährige noch fünf Doubles mit den Münchnern. In jeder seiner Saisons hat Martinez, der 2012 von Athletic Bilbao kam, mit den Bayern die Deutsche Meisterschaft gewonnen - also acht Mal. Der neunte Titel in Serie steht kurz bevor. Neben zwei Triumphen im UEFA Supercup gab es noch vier deutsche Supercups und zwei FIFA Club-Weltmeisterschaften für den FCB und den Spanier.
Zudem wurde Martinez mit der spanischen Nationalmannschaft 2010 Weltmeister in Südafrika und Europameister 2012 in Polen und der Ukraine. "Javi Martinez ist eine dieser Persönlichkeiten, die deutlich machen, für was der FC Bayern steht: Wenn sich internationale Top-Spieler mit unserem Verein so identifizieren wie er, schafft man gemeinsam Großes", sagt Bayern-Präsident Herbert Hainer über den Basken, der in seiner Karriere alles gewonnen hat. "Seine Erfolgsbilanz ist nahezu beispiellos", sagt Hasan Salihamidzic, Sportvorstand der Bayern. "Gerade in den großen Spielen war er ein Unterschiedsspieler", fügt "Brazzo" hinzu.
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Damit spielt Salihamidzic vor allem auf das Champions-League-Finale 2013 im Londoner Wembley-Stadion an, als die Bayern Borussia Dortmund mit 2:1 bezwangen: Der BVB begann damals mit viel Tempo und setzte die Münchner mit aggressivem Pressing mächtig unter Druck, kam so zu Chancen. Die Jungs von Trainer Jürgen Klopp ließen aber viele gute Möglichkeiten liegen. Und dann? "Dann hat Javi drei, vier Zweikämpfe gewonnen. Dann lief die Maschine", sagt Jupp Heynckes, wenn er an den Triumph der Seinen im Jahr 2013 zurückdenkt. "Auf der Sechs brauchst du einen zuverlässigen Spieler, der intelligent spielt, der die Position hält", lobt Heynckes den Mittelfeld-Akteur, den er im Sommer 2012 unbedingt von Bilbao nach Bayern holen wollte. Martinez war der "Wadlbeißer", den Uli Hoeneß im verlorenen Champions-League-Finale 2012 gerne noch im Team gehabt hätte.
Zusammen mit Bastian Schweinsteiger bildete Martinez eine Doppelsechs von Weltklasse-Format. Der Spanier hielt dem Spielgestalter sehr oft den Rücken frei: "Javi ist sehr zweikampf- und laufstark", sagt Heynckes. 62,5 Prozent all seiner Zweikämpfe hat Martinez beim FCB gewinnen können. Mit intelligenten Laufwegen stellte er zudem die Räume im Münchner Mittelfeld immer wieder geschickt zu. Dank seiner überragenden Antizipationsfähigkeit fing der Baske zahlreiche Zuspiele ab, bevor es gefährlich werden konnte. Knapp 64 Prozent seiner Kopfballduelle entschied er ebenso für sich. Auch bei Offensiv-Standards, siehe UEFA Supercup-Finale, war der Spanier eine richtige Waffe. "Erstklassig" nennt Heynckes das Kopfballspiel seines Lieblingsspielers. "Der wird auch noch in 30 Jahren dieses Kopfballspiel haben", sagte Thomas Müller nach dem technisch feinen und überlegten Siegtreffer gegen Sevilla.
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Dass die Zweikampf- und Kopfball-Maschine aber auch Fußball spielen kann, betonte "Don Jupp" immer wieder: Eine Passgenauigkeit von 92,7 Prozent in seinen Einsätzen für den FC Bayern München sprechen eine deutliche Sprache. Martinez sei ein "ganz wichtiger Spieler in unserem System" gewesen, sagt Heynckes über den 32-Jährigen, der insgesamt 266 Spiele für die Bayern bestritten hat. 165 Mal agierte Martinez im Mittelfeld, 97 Mal in der Innenverteidigung. Im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League, als die Bayern im April gegen Paris ausschieden, wurde er nach seiner Einwechslung in die Spitze gestellt und sollte nach hohen Bällen für Gefahr sorgen. In seiner letzten Bundesliga-Saison für die Bayern kommt der Spanier aktuell auf 17 Einsätze. 28 Mal stand er 2020/21 insgesamt auf dem Rasen. Insgesamt kommt der sprunggewaltige Defensiv-Spezialist auf 14 Tore für den FCB, neun davon erzielte er in der Bundesliga.
Was leider zur Geschichte von Martinez, den Oliver Kahn einen "Eckpfeiler" der vergangenen neun Jahre nennt, mit dazugehört, sind seine zahlreichen schweren Verletzungen: An der Leiste war eine OP nötig, ein Kreuzbandriss, ein Meniskusschaden, ein Schlüsselbeinbruch, sowie ein Muskelbündelriss im Oberschenkel kamen außerdem noch hinzu. Der Baske, der in der Kleinstadt Estella-Lezarra zur Welt kam, wird zum Saisonende ebenso wie David Alaba, Jerome Boateng und Hansi Flick "gebührend in Anerkennung ihrer großartigen Leistung für den Verein verabschiedet", wie der FC Bayern mitteilt. Ein Mann der großen Worte war der weltmeisterliche "Wadlbeißer" nie, ein bisschen Bayerisch hat der Baske aber mittlerweile drauf und verabschiedet sich, wie es sich eben in seiner sportlichen Heimat gehört: Kurz und knapp, mit einem gemütvollen "Servus!"
Patrick Dirrigl
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