Frankfurter Festtage: Eintracht greift nach den Sternen
Köln - Der Last-Minute-Sieg gegen die TSG war ein Big Point, ein emotionales Highlight, und doch erst der Auftakt in heiße Wochen für die Hessen. Das Team von Adi Hütter greift in der Bundesliga und im Europapokal nach den Sternen.
Adi Hütter nahm die Journalistenrunde nach Abpfiff noch einmal mit in die entscheidende Szene, die letzte des Spiels Eintracht Frankfurt gegen die TSG Hoffenheim: "Dieser Ball von Makoto Hasebe in die Schnittstelle auf Haller, dann der Ball auf die zweite Stange. Dass wir da trotz allem – wir sind 124 Kilometer gelaufen – noch die Konzentration hatten, ein solches Tor zu erzielen, ist absolut lobenswert."
Lobenswert, atemberaubend und nichts für schwache Nerven. Diesmal sollten es unbedingt alle drei Punkte sein, wenn nötig eben durch ein Tor in der sechsten Minute der Nachspielzeit. Fünf der neun Frankfurter Pflichtspiele 2019 endeten zuvor unentschieden, doch diesmal hatte die Eintracht den entscheidenden Pfeil im Köcher. Wille, Gonçalo Paciencia und dessen erstes Saisontor katapultierten Mannschaft und Fans Sekunden vor Schluss in den Fußballhimmel.
Traum von der Champions League
Hütter: "Nach den vielen Unentschieden, wo die Leistung auch nicht immer ganz gut war, haben wir die letzten zehn Prozent Siegermentalität zurückgewonnen." Tabellarisch bedeutet das zunächst den Sprung auf Platz 5 und nur noch drei Punkte Rückstand auf den ersten Champions League-Startplatz. Die Königsklasse – der nächste Meilenstein auf Frankfurts Weg nach oben?
In der aktuellen Form traut man es dem amtierenden Pokalsieger zu. 2019 ist man in zehn Spielen noch ungeschlagen. Mit 35 Treffern hat die "Büffelherde" aus Luka Jovic, Ante Rebic und Sébastien Haller zu dritt mehr Tore geschossen als acht Bundesligisten insgesamt. Die Abwehr hält auch in wechselnder Besetzung dicht und Neuzugänge wie zuletzt Martin Hinteregger und Sebastian Rode fügen sich schnell und geräuschlos in das homogene Mannschaftsgebilde ein.
Zudem stellt der Spielplan das Hütter-Team in den nächsten Wochen vor "lösbare" Aufgaben: Nach den Mailand-Spielen geht es mit Düsseldorf und Nürnberg zunächst gegen die beiden Aufsteiger, gegen Stuttgart, Schalke und Augsburg dann gegen die Teams auf den Plätzen 16, 14 und 15. In der Hinrunde holte man aus diesen fünf Begegnungen 13 von 15 möglichen Punkten und feierte beim beeindruckenden 7:1 gegen die Fortuna den höchsten Sieg in dieser Saison.
Das Rennen um die Champions League
"Hexenkessel" Commerzbank-Arena
Beeindruckend war gegen die TSG einmal mehr auch die Unterstützung von den Rängen der Commerzbank-Arena. "Das ist schon ein Vorteil für Frankfurt, dass sie jedes zweite Wochenende vor so einer Kulisse spielen können", staunte Hoffenheims Stefan Posch nach dem Spiel. "Das ist natürlich ein Hexenkessel hier," weiß auch Sportvorstand Fredi Bobic: "Aktuell fühlt sich alles noch lauter an, noch emotionaler." Vorläufiger Stimmungs-Höhepunkt: Paciencias spätes Siegtor.
Nicht dass man das längst auch international gefeierte Frankfurter Publikum vor dem anstehenden Europa League-Achtelfinale im eigenen Stadion zusätzlich anheizen müsste. Doch die Emotionsexplosion am Ende der "Generalprobe" wird der Stimmung am Donnerstag sicher keinen Abbruch tun. Unter Flutlicht findet dann in Frankfurt statt, wovon die meisten Mannschaften nur träumen und singen können: Mit Inter Mailand gibt sich ein ganz großer Name des Weltfußballs die Ehre. Wieder einer dieser Festtage, zu dem die "Nerazzurri" aber besser keinen allzu herzlichen Empfang erwarten.
Talking Points: Darüber spricht die Bundesliga nach dem 24. Spieltag
Der Titelhunger ist geweckt
Die Eintracht will weiter ihren Ruf als Pokalstürmer und Spezialist für "dicke Brocken" pflegen. Der Triumph im DFB-Pokalfinale 2018 gegen die Bayern (3:1) war ein Aha-Erlebnis: Die Mannschaft kann den "Großen" die Stirn bieten, auch den letzten Schritt gehen, Titel gewinnen. Während RB Leipzig sich schon in der Gruppenphase aus dem Wettbewerb verabschiedete und Bayer 04 Leverkusen zuletzt gegen Krasnodar die Segel strich, mausert sich die SGE zu einem internationalen Aushängeschild der Bundesliga.
Gruppenerster mit fünf Siegen gegen Vorjahresfinalist Marseille, Lazio Rom und Apollon Limassol. In der Zwischenrunde ein Gesamt-Ergebnis von 6:3 gegen Champions League-Starter Donezk. Und nun der italienische Triple-Sieger von 2010. Ehrlicher als die wahrlich nicht vom Losglück verfolgten Hessen kann man in diesem Wettbewerb nicht weiterkommen.
"Und dann fahren wir nach Mailand, um die SGE zu sehen" – für Hütters Team und die angekündigten 13.500 (!) Anhänger wird der Sehnsuchtsort aus den Fan-Gesängen Realität. Und womöglich nicht der letzte Festtag in dieser Saison.
Tim Wichmann
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