Marco-Reus-Festspiele: BVB-Kapitän erstmals an fünf Toren direkt beteiligt
Dass Marco Reus niemand ist, der sich allzu gerne selbst ins Rampenlicht stellt, wurde am 23. Spieltag in der 90. Minute noch einmal verdeutlicht. Der Kapitän von Borussia Dortmund hätte sich den fälligen Foulelfmeter schnappen können - um damit seinen dritten Treffer des Abends zu markieren. Drei weitere Tore hatte er zuvor vorbereitet. Doch Reus überließ die Aufgabe Emre Can, der letztlich für den 6:0-Endstand beim Kantersieg gegen Borussia Mönchengladbach sorgte.
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Ein Ergebnis, das so nicht im Geringsten zu erwarten war. Noch drei Tage zuvor hatte bei Borussia Dortmund der Baum gebrannt, nachdem die Mannschaft beim Hinspiel der Europa-League-Playoffs im eigenen Stadion mit einer 2:4-Niederlage gegen die Glasgow Rangers noch gut bedient war. "Eine peinliche und blamable Leistung", ließ Sportdirektor Michael Zorc seinem Frust freien Lauf.
Dass sich die Mannschaft nur 72 Stunden später in einen förmlichen Rausch spielte und vielleicht die beste Leistung der Saison zeigte, lag vor allem an Marco Reus: Fünf Torbeteiligungen - verteilt auf zwei Treffer und drei Assists - waren Reus in seiner Bundesliga-Karriere noch nie gelungen. Und darunter waren bekanntlich nicht gerade wenige spektakuläre Partien des 32-Jährigen.
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Und dabei ist Reus nicht zwingend jene Art von Leader, der die eigenen Fans nach jeder Aktion aufputscht, so wie es etwa von Mannschaftskollegen wie Jude Bellingham oder Erling Haaland nach nahezu jeder Aktion zu sehen ist. Reus lässt viel lieber seine fußballerischen Qualitäten für sich sprechen, die auch bei den so hoch gelobten Youngstern wir Haaland oder Bellingham in jeder Trainingseinheit bewundert werden und die an guten Tagen noch immer in der Kategorie "Weltklasse" einzusortieren sind. So wie eben beim 6:0 gegen Mönchengladbach – dem höchsten Saisonsieg der Elf von Marco Rose.
Bezeichnend etwa, mit welcher Ruhe Reus den Sololauf vor dem 5:0 verwertete, nachdem er sich zuvor mit einem blitzgescheiten Laufweg und einer technisch perfekten Ballmitnahme die nötigen Meter Vorsprung verschafft hatte. Bezeichnend die Cleverness, mit der er den Führungstreffer zum 1:0 aus einem Chaos heraus im Strafraum erzielte. Und bezeichnend auch, mit welchen simplen wie genialen Pässen er die Treffer zum 2:0, 3:0 und 4:0 seiner Kollegen Donyell Malen, Marius Wolf und Youssoufa Moukoko erst ermöglicht hatte. Dass ihm diese Gala auch noch ausgerechnet gegen seinen Ex-Club gelang, für den er im Sommer 2009 einst sein Bundesliga-Debüt feierte, war das Sahnehäubchen an diesem Abend. Die Gladbacher sind das aber schon gewohnt: In 15 Duellen traf Reus elfmal gegen die "Fohlen". Mehr Tore gegen ihren Ex-Vereine erzielten nur noch Robert Lewandowski und Klaus Allofs.
Im Nachgang des Spiels hingegen war von einer vermeintlichen Euphorie beim BVB-Kapitän eher wenig zu spüren: "Grundsätzlich lasse ich mich nicht gerne feiern. Wir haben als gesamte Mannschaft heute überragend gespielt", stellte Reus seine Leistung gewohnt in den Hintergrund und erhob direkt auch den Zeigefinger: "Wenn du dich in den Rausch spielst, ist alles immer einfacher. Es geht bei uns aber auch darum, dass wir, wenn es mal von Anfang nicht gut läuft, einfach Ruhe im Spiel haben und unsere Klasse ausspielen. Das wird sehr, sehr wichtig sein." Zu präsent war schließlich noch die Europa-League-Niederlage und die grundsätzlich so schwankenden Leistungen der Schwarz-Gelben in den letzten Wochen, wo sich Reus nach schlechten Spielen nicht selten den unangenehmen Fragen gestellt hatte.
Auch Reus war dabei von der Kritik nicht verschont geblieben. Nach einem starken Saisonbeginn war er gegen Ende des Jahres in ein kleines Formtief gefallen und blieb zwischen dem 13. und 19. Spieltag gar torlos. Dass die besten Zeiten des 333-maligen Bundesliga-Spielers vorbei sind, erwies sich aber spätestens an diesem Sonntagabend als Unfug. Reus ist mit nunmehr neun Saisontoren und sieben Torvorlagen wieder einer der Top-Scorer der Bundesliga. Nur Erling Haaland hat beim BVB öfter getroffen. Nur Thomas Müller und Florian Wirtz haben in dieser Saison mehr Assists auf dem Konto.
Seinen Status als noch aktive BVB-Legende untermauert Reus dieser Tage außerdem eindrucksvoll. Mit seinem 144. Bundesliga-Tor ist er am Sonntag mit Stefan Kießling gleichgezogen. Nur 16 Spieler haben historisch noch öfter getroffen. Von allen Aktiven sogar nur noch Robert Lewandowski. Wahrscheinlich noch in dieser Saison wird er zum Rekordtorschützen der Dortmunder bei Pflichtspielen. Sechs Tore fehlen noch, um hier seinen Chef Michael Zorc (159 Tore) einzuholen.
Anfangen könnte Reus mit dieser Aufholjagd am besten schon am Donnerstag in Glasgow. Dass die Auswärtstorregel seit dieser Saison Geschichte ist, dürfte den Dortmundern nach dem 2:4 im Hinspiel entgegenkommen. Ein Sieg mit zwei Toren Unterschied reicht also schon, um die Verhältnisse wieder gerade zu rücken. Und mit einem Marco Reus in dieser Form, ist das auch allemal möglich.
Karol Herrmann
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