Bundesliga-Match-Facts-Analyse: So hat Eintracht Frankfurt den FC Bayern besiegt
Beeindruckend hat Eintracht Frankfurt am 22. Spieltag 2:1 gegen den FC Bayern München gewonnen - in einem umkämpften Topspiel mit zwei sehr unterschiedlichen Hälften. Wie den Hessen der Triumph gegen den Tabellenführer gelungen ist?
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Angriffszonen: In Hälfte eins unberechenbare Eintracht
Die Frankfurter fuhren ihren Erfolg bereits im ersten Durchgang ein, mit einem Zwei-Tore-Vorsprung durch Treffer von Daichi Kamada (nach Torvorlage des Flanken- und damit Assist-Spezialisten Filip Kostic) und Amin Younes (nach Kamada-Vorlage) ging das Team von Coach Adi Hütter in die Pause. Die für beide Treffer im Zusammenspiel verantwortlichen Kamada, Younes und Kostic waren es auch, die der Münchner Defensive in der ersten Hälfte immer wieder Probleme bereiteten - über "ihre" Angriffszonen leiteten die Adler im letzten Drittel des Spielfelds exakt gleich viele Offensivsituationen ein. So liefen je 26 Prozent der Eintracht-Angriffe in den ersten 45 Minuten über den linken Flügel sowie das linke und rechte Halbfeld.
Auf der anderen Seite attackierte der Rekordmeister über die gesamte Spielzeit wesentlich berechenbarer mehr über die Außenbahnen als durch das Zentrum, insgesamt initiierten die Mannen von Übungsleiter Hansi Flick 71 Prozent ihrer Szenen über links und rechts. Bei den Frankfurtern änderte sich das Bild im zweiten Durchgang durch den Druck des FC Bayern, plötzlich verschoben sich die Angriffszonen auf die rechte Seite und das rechte Halbfeld (61 Prozent) - dem Tabellenführer gelang es also, die vorher so aktiven Younes und Kostic weitestgehend aus dem Spiel zu nehmen. Zwar konnte der FCB in den zweiten 45 Minuten so spielerisch zu einem Großteil die Kontrolle übernehmen, zu mehr als dem Anschlusstreffer reichte das aber nicht mehr.
Die Münchner können sich erst in Durchgang zwei befreien - zu spät
Der Bundesliga Match Fact "Realformation: Trends" zeigt, dass die Bayern es nicht schafften, nach dem Rückstand vorne zu reagieren. Schon in der 12. Minute hatte Kamada für die Führung der Gastgeber gesorgt, in den darauffolgenden zehn Minuten drängten sie die Flick-Mannschaft dennoch weiter weit in deren Teil des Spielfelds. In diesem Zeitraum durchschnittlich etwas hinter dem Mittelkreis in der eigenen Hälfte positioniert, handelte es sich bei dem zentralen SGE-Abwehrmann der Dreierkette Martin Hinteregger um den defensivsten Akteur der Hessen. Bei den Gästen hingegen war die sonst kaum aufzuhaltende Sturmspitze Robert Lewandowski in diesen Minuten im Durchschnitt etwas vor dem Mittelkreis in der gegnerischen Hälfte agierend der offensivste Mann beim Tripleteam der letzten Saison.
Nach dem zweiten Tor gelang es dem FC Bayern hingegen besser, durchschnittlich etwas weiter aufzurücken und auch die Eintracht weiter nach hinten zu drücken. Und für ein völlig verändertes Bild konnte der Rekordmeister im zweiten Durchgang sorgen. Fast spiegelverkehrt zum Zeitraum nach dem ersten Eintracht-Treffer agierten die FCB-Innenverteidiger David Alaba und Jerome Boateng in den ersten zehn Minuten nach Wiederanpfiff im Durchschnitt knapp hinter dem Mittelkreis in der eigenen Hälfte, während auf der anderen Seite Mittelstürmer Luka Jovic in der gegnerischen Hälfte auf Höhe des Kreises positioniert war. Das änderte sich auch nach dem Anschlusstor nicht. In den letzten zehn Minuten der Partie drängten Flicks Mannen ihre Gegenspieler sogar weit in deren Hälfte, den Ausgleich erreichten sie dennoch nicht mehr.
Bayern-Lichtblick: Most Pressed Player Sane
Dabei wäre der Ausgleichstreffer im starken zweiten Durchgang der Münchner zumindest nicht unverdient gewesen, was vor allem am munter aufspielenden Leroy Sane lag. Bereits in der ersten Hälfte, die voll der Hütter-Elf gehörte, fiel der Nationalspieler als Most Pressed Player auf - also als der Spieler, auf den bei Ballbesitz am meisten erheblicher Druck ausgeübt wird. Über die komplette Spielzeit gesehen änderte sich das nicht, in 53 Drucksituationen versetzte die Eintracht den Nationalspieler.
Der technische so versierte Sane löste die Szenen jedoch immer wieder, wodurch er seiner Mannschaft immer wieder Schwung verlieh. So hatte der 25-Jährige auch den Anschluss eingeleitet, Lewandowski musste nur noch einschießen.
Ebenso nicht unverdient setzten sich in diesem Topspiel schließlich aber die Frankfurter durch, weil der Matchplan von Trainer Hütter in den ersten 45 Minuten absolut aufging. Durch die ausgewogene Verteilung der Angriffszonen im letzten Drittel des Platzes, die die individuell sowieso herausragenden Kamada, Younes und Kostic hervorragend zu nutzen wussten, überraschten die Adler den FC Bayern. Verkürzen konnte der Ligaprimus, der zu spät die Initiative ergreifen konnte, mit dem nimmermüden Sane zwar noch. Mehr ging allerdings nicht mehr.
Felix Kindler