Match-Facts-Analyse: Der kleine große Unterschied zwischen RB Leipzig und dem FC Bayern München
Mit 4:1 (1:0) sichert sich der FC Bayern München den Sieg im Topspiel des 4. Spieltags bei RB Leipzig. Was auf dem Papier nach einer klaren Angelegenheit aussieht, war über 90 Minuten mitunter eine knappe Kiste. Weshalb sich der Rekordmeister dennoch bei den Sachsen so deutlich durchsetzen konnte, zeigt die Match-Facts-Analyse der Begegnung.
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Bereits nach zwölf Minuten stellten die Gäste die Weichen Richtung Auswärtssieg: Robert Lewandowski verwandelte eiskalt einen Handelfmeter zur frühen Führung für den FCB, der allerdings erst nach dem Seitenwechsel das Ergebnis in die Höhe schrauben konnte. Ein Doppelschlag durch "Joker" Jamal Musiala (47.) und Leroy Sane (55.) brachte den Münchenern eine komfortable Führung, die nach dem Traumtor von Konrad Laimer (57.) jedoch kurzzeitig ins Wackeln geriet. In einer umkämpften Schlussphase stellte dann der eingewechselte Eric Maxim Choupo-Moting (90.+2) den Endstand her. Warum trotz ausgeglichener Spielanteile der Erfolg des Rekordmeisters letztlich so klar ausfiel, zeigt die Analyse der Match-Facts powered bei AWS auf.
Seit Anfang des vergangenen Jahres kooperieren die DFL Deutsche Fußball Liga und Amazon Web Services unter anderem im Bereich der Datenanalyse. Im Rahmen der Zusammenarbeit wurde die Liveverarbeitung von Daten zu innovativen Statistiken, den Bundesliga Match Facts powered by AWS, intensiviert: Seit dem 4. Spieltag der Saison 2021/22 wurden die Match Facts um zwei weitere Werte ergänzt - die "Abschluss-Effizienz" und das "Pass-Profil". Bereits zuvor waren mit "Angriffszonen", "Realformation: Trends", "Most Pressed Player", "Torwahrscheinlichkeit und xGoals", "Realformation" und "Speed Alarm" sechs weitere Statistiken eingeführt worden.
Zielstrebig im Angriffsdrittel
Wer lediglich auf die xGoals-Werte der Partie schaut, der könnte zur Erkenntnis gelangen: Der FC Bayern hat am späten Samstagnachmittag einen auch in der Höhe verdienten Erfolg eingefahren. Aus den anhand der Statistiken zu erwartenden 4,12 Toren erzielten Lewandowski und Co. vier Treffer - mussten also sogar ein kleineres Minus bei der Schuss-Effizienz hinnehmen. Die Gastgeber haben dagegen ihre Daten leicht übertroffen, kamen bei einem xGoals-Wert von 0,86 auf ein Tor. Das zeigt: Aus ihren Abschlüssen machten beide Mannschaften sogar nahezu das Erwartbare, auch wenn Leipzigs Treffer durch Laimers wundervollen Fernschuss (Torwahrscheinlichkeit: drei Prozent) fiel. Doch so deutlich das Ergebnis auch aussieht, so klar waren die Verhältnisse während der Partie nicht immer.
Spielbericht: FC Bayern München gewinnt Topspiel bei RB Leipzig mit 4:1
"Es war ein offenes Spiel, wir sind der verdiente Sieger, aber nicht so verdient, dass wir hätten 4:1 gewinnen müssen. Wir waren nicht vom Unterschied der Tore so viel besser", gab auch FCB-Coach Julian Nagelsmann bei seiner Rückkehr nach Leipzig unumwunden zu. "Bayern hat viel Qualität, das haben sie gezeigt. Wir haben nicht schlecht gespielt und sind an unsere Grenze gekommen. Mit ein bisschen mehr Spielglück und Ruhe im letzten Drittel kann das Spiel hier auch anders ausgehen", analysierte Jesse Marsch, der Coach der Gastgeber. Der kleine große Unterschied in diesem Spitzenspiel: Der FC Bayern spielte seine Offensivaktionen zielstrebig und präzise zu Ende, während die Leipziger vor allem im entscheidenden Angriffsdrittel große Probleme hatten, zu klaren Abschlüssen zu gelangen. Das zeigt auch der Blick auf die nackten Zahlen: RB Leipzig hatte mehr Ballbesitz (51 zu 49 Prozent), die Münchener Gäste dagegen mehr Abschlüsse (18 zu 10).
Alphonso Davies einer der Schlüssel zum Erfolg
Die hohe individuelle Qualität beim Rekordmeister gab am Ende wohl den Ausschlag für den Auswärtssieg. Einer der Schlüssel zum Erfolg war definitiv Alphonso Davies, der auf der linken Außenbahn einmal mehr ein starkes Spiel machte. Mit einem Top-Speed von 36,1 km/h stellte der Kanadier nicht nur den bisherigen Saisonrekord des Bielefelders Bryan Lasme ein, sondern kurbelte darüber hinaus auch die Offensive der Münchener an. Sein Zuspiel war es, das Musiala technisch anspruchsvoll verarbeitete und mit einem wuchtigen Abschluss zum 2:0 verwertete. Wenig verwunderlich, dass Davies auch der Spieler mit der höchsten Pass-Effizienz auf dem Platz war.
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Deshalb suchte der FC Bayern zumeist den Weg über die linke Seite, wie ein Blick auf die Angriffszonen zeigt: 39 Prozent aller Angriffe des Rekordmeisters gingen am späten Samstagnachmittag über die von Davies beackerte Außenbahn, über rechts versuchte es die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann in 34 Prozent der Fälle. Zum Vergleich: Durch das Zentrum gingen nur 27 Prozent aller Angriffe (16 davon über die halblinke Bahn). Die Leipziger hatten dagegen einen ausgewogeneren Ansatz (28 Prozent links, 42 Prozent durch das Zentrum, 30 Prozent rechts), der sich aber gegen die konzentriert verteidigende Defensive der Münchener letztlich nicht auszahlte.
Musiala und Sane stechen heraus
Auszahlen konnte sich allerdings eine Einwechslung für die Gäste: Musiala ersetzte kurz vor dem Seitenwechsel Serge Gnabry, der angeschlagen ausgewechselt werden musste, und zeigte seine große Klasse nicht nur bei seinem Treffer zum 2:0 wenige Augenblicke nach Wiederbeginn. Auch beim dritten Treffer an diesem Abend hatte der junge Nationalspieler seine Füße im Spiel: Mit einem Sololauf von der rechten Seite enteilte er seinen Bewachern und legte perfekt auf für Leroy Sane, der nur noch einzuschieben brauchte. Innerhalb von acht Minuten hatte Musiala die Partie praktisch zugunsten der Münchener entschieden.
Doch auch Sane zeigte weiterhin aufsteigende Form, konnte die guten Leistungen im Nationaltrikot ins FCB-Dress transportieren. Mit 41 Drucksituationen war der 25 Jahre alte Flügelspieler mit weitem Abstand der Most Pressed Player an diesem Abend. Dass Leipzig ihn dennoch selten in den Griff bekam, zeigt die hohe individuelle Klasse der Gäste-Offensive, die nun 13 Treffer auf dem Konto hat - kein Bundesliga-Team erzielte mehr Tore an den ersten vier Spieltagen. Laut xGoals-Werten in dieser Saison sollte der FCB übrigens exakt diese Anzahl an Erfolgserlebnissen sein Eigen nennen. Während die Münchener also bei einer Abschluss-Effizienz von +/- 0 stehen, rangiert RB Leipzig insgesamt bisher bei -2,4. Auch diese Effizienz ist Teil des kleinen großen Unterschieds, der am Samstag das Topspiel entschied.
Thomas Reinscheid