Bundesliga Match Facts: Simon Rolfes über die taktischen Erkenntnisse der Realformation
Simon Rolfes ist Direktor Sport bei Bayer 04 Leverkusen, hat zwischen 2005 und 2015 insgesamt 288 Bundesliga-Spiele bestritten und trug 26 Mal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft. An dieser Stelle schreibt er wöchentlich über die neuen, innovativen Bundesliga Match Facts powered by AWS, die ihr während der Spiele sehen könnt.
Von Simon Rolfes
Auch für Fußballfans wird Taktik immer wichtiger. Ein Fachgespräch über Fußball wird heute in der Regel schon auf einem ganz anderen Niveau geführt als noch vor zehn oder 20 Jahren. Die "Realformation", die es seit einigen Monaten erst gibt, ist deshalb ein besonders interessantes Tool für Taktik-Fans.
Wer sich in letzter Zeit mal ein Live-Spiel in der Bundesliga angeschaut hat, dem wird irgendwann, zumeist zwischen der 10. und der 15. Minute, die Einblendung der so genannten Realformation aufgefallen sein. Die taktische Formation auf dem Papier verschiebt sich dann zu einer oft sehr kompakten Masse, die die durchschnittliche Position der Spieler auf dem Feld abbildet. Um diese Positionen zu bestimmen, werden pro Spiel rund 3,6 Millionen Datenpunkte gesammelt.
Aber welchen Mehrwert habe ich durch diesen Bundesliga Match Fact überhaupt?
Für mich sind zwei Dinge entscheidend: Zum einen erkennt man durch die Realformation die Charakteristiken der einzelnen Spieler sehr gut. Sie lässt Rückschlüsse zu, wie ein Spieler seine Position auf dem Platz interpretiert. Bleibt ein Außenstürmer hauptsächlich an der Außenlinie kleben oder rückt er vermehrt ins Zentrum ein? Ist einer der beiden Außenverteidiger deutlich offensiver unterwegs als sein Gegenpart auf der anderen Seite? Agiert der zweite Angreifer in einer Doppelspitze oder als verkappter Spielmacher?
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Der zweite Punkt ist das Verhalten der gesamten Mannschaft: Wie hoch verteidigt die Viererkette? Ist die Taktik eher auf Ballbesitz oder auf Konter ausgelegt? Wie hoch pressen die Angreifer? Letztendlich liefert die Realformation aber auch die klare Erkenntnis, in welchem System eine Mannschaft agiert. Hatte der TV-Sender in seiner Grafik vor Beginn der Partie eine Mannschaft vielleicht noch im 4-2-3-1 einsortiert, so kann man nach einer knappen Viertelstunde möglicherweise sehr deutlich sehen, dass es sich doch um ein 3-4-3 handelt.
"Abstände der Spieler viel geringer als auf dem Papier"
Besonders auffällig finde ich dabei, dass die Realformation immer deutlich kompakter ist als die ursprüngliche Aufstellung auf dem Papier. Die Abstände zwischen den einzelnen Spielern sind also viel geringer. Oder anders gesagt: Es gibt in Ballnähe meist nur sehr wenige Räume.
Für Teams gehört es während der Spiele zu den wichtigsten Aufgaben, diese Räume zu finden und ideal auszunutzen. Die Realformation hilft zumindest den Zuschauern vor den TV-Geräten, sie mit einem Blick schonungslos aufzuzeigen.
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