Timo Konietzka und das erste Tor der Bundesliga
Am 24. August 1963 landete der Ball bereits nach 58 Sekunden zum ersten Mal im Kasten: Timo Konietzka erzielte das erste Tor in der Bundesliga-Geschichte, für Borussia Dortmund und gegen den SV Werder Bremen.
Timo Konietzkas Treffer wird niemals vergessen werden. Und das, obwohl er für Kameras und Fotografen unsichtbar blieb: Vom ersten Tor in der Geschichte der Bundesliga gibt es nämlich keine Bildaufnahmen. Mit seinem BVB trat Konietzka zum 1. Spieltag der Saison 1963/64 in Bremen an. Im Stadion gab es damals nur eine TV-Kamera, aber der Kameramann war nicht rechtzeitig an seinem Platz – "und die Fotografen standen alle hinter unserem Tor, weil sie auf einen Bremer Treffer spekulierten", erzählte der 1938 in Lünen geborene Angreifer. Ganz schlecht war die Vorahnung aber auch nicht: Bremen netzte letztlich drei Mal ein und gewann mit 3:2.
Was die Bild-Presse nicht einfing, lief folgendermaßen ab: Dortmunds Lothar Emmerich brach auf seiner linken Seite durch , kam bis zur Grundlinie und fand mit seiner Hereingabe in den Strafraum Konietzka, der aus rund acht Metern verwandelte. Es war das erste von insgesamt 72 Bundesliga-Toren Konietzkas, der in der Bundesliga seine Schuhe für die Dortmunder Borussia (1958-1965) sowie den TSV 1860 München schnürte (1965-1967).
Neun Länderspiele, drei Treffer
72 Treffer in nur 100 Bundesliga-Partien: "Und das ohne Elfmeter und Freistöße. Nur Gerd Müller hat eine bessere Quote als ich", sagte der Angreifer stolz. Zwei Mal wurde Konietzka Deutscher Meister: 1963 mit den Dortmundern, 1966 mit den "Blauen" aus der bayerischen Landeshauptstadt. Neben dem DFB-Pokalsieg, der ihm 1965 mit dem BVB gelang, holte er mit den "Schwarz-Gelben" zudem noch zwei Mal den Westdeutschen Pokal (1963 und 1965).
Im Alter von 24 Jahren feierte der Mittelstürmer sein Debüt für die deutsche Nationalmannschaft. DFB-Coach Sepp Herberger setzte Konietzka neun Mal ein, ihm gelangen dabei drei Treffer und ein Assist. Bei einer Welt- oder Europameisterschaft kam er nicht zum Einsatz.
Konietzkas starke Torquote
Konietzka ist ein Kind des Ruhrpotts: Der Angreifer arbeitete 700 Meter unter Tage in der Zeche "Victoria" und spielte nebenbei Fußball beim VfB Lünen. 1958, also im Alter von 20 Jahren, entdeckte ihn der BVB. Damals nannte ihn noch niemand "Toni", da hörte er nochauf den Namen "Friedhelm". "Durch den Fußball kam ich aus dem Bergwerk zu meinem Traumverein und konnte um die Welt reisen, ohne etwas dafür bezahlen zu müssen", erinnerte er sich in einem Interview.
Die Trainer-Legende Max Merkel baute Konietzka in die Mannschaft des BVB ein. Direkt bei seinem Oberliga-Debüt traf Konietzka: Es war das Siegtor beim 2:1 gegen Alemannia Aachen. Konietzka kam bereits vor der Gründung der Bundesliga auf 110 Spiele für die Borussia. Seine 79 erzielten Tore zeugen von der immensen Torgefahr, die von ihm ausging.
Und dann hatten die Dortmunder ja auch noch Jürgen "Charly" Schütz in der vordersten Reihe: Zusammen bildeten die beiden den torgefährlichsten Innensturm der Oberliga West.
Konietzka als Vorbild für Cruyff und Messi
Zusammen mit Schütz dachte sich Konietzka eine ganz besondere Art des Elfmeters aus: Schütz tippte beim Strafstoß den Ball nur an, Konietzka lief in den Sechzehner und verwandelte. Ein regulärer Treffer – "aber verdutzt schauten Gegenspieler und Schiedsrichter trotzdem", amüsierte sich der Angreifer immer wieder gern. "Wir waren die Ersten, die so etwas jemals gemacht haben."
Auf großer Bühne wurde der Elfmeter-Trick 2016 wiederbelebt: Gegen Celta Vigo schritt Lionel Messi für den FC Barcelona zum Punkt. Statt selbst zu schießen, und sein 300. Tor in La Liga zu erzielen, spielt er die Kugel einfach nur ganz leicht nach rechts. Von außerhalb des Strafraums eilte Luis Suarez herbei und schob dann locker zum 4:1 für Barca ein.
Die spanische Tageszeitung AS nannte es den "Elfmeter des Jahrhunderts". Die ersten, die diesen Trick vollführten, waren aber gewiss nicht Messi und Suarez. Auch Johan Cruyff traf 1982 für Ajax Amsterdam mit diesem Trick – die Oranje-Legende spielte dabei aber gar einen Doppelpass vom Punkt aus. Doch die Premiere feierte der Trick wohl beim BVB mit Konietzka und Schütz.
Nach seiner Zeit bei den Münchner "Löwen" ging es für Konietzka 1967 in die Schweiz zum FC Winterthur. Vier Jahre später ging es zum FC Zürich, wo er zwei Jahre als Spielertrainer fungierte. Zwischen 1974 und 1977 wurde er drei Mal in Folge Meister in der Schweiz. Zudem gewann Konietzka mit Zürich drei Mal den Schweizer Cup. 1977 scheiterte Konietzka mit dem FCZ erst im Halbfinale des Pokals der Landesmeister, dem Vorgänger-Wettbewerb der heutigen Champions League: Gegner FC Liverpool war die Endstation.
In der Bundesliga coachte der ehemalige Angreifer noch seine Borussia aus Dortmund und Bayer Uerdingen. An die Erfolge in der Schweiz, wo er mit den Grasshoppers Zürich seinen vierten Meistertitel feierte, konnte Timo Konietzka in Deutschland jedoch nicht ganz anknüpfen.
Doch warum nannte man ihn eigentlich "Timo"? Aufgrund seines Bürstenhaarschnitts, den er seit seiner Zeit bei der Bundeswehr hatte, und seinem Aussehen, das damit einherging: "Als ich damit zum Training kam, meinte Jockel Bracht, ich sähe aus wie der russische General Timoschenko. Von da an haben mich alle Timo gerufen." 1985 nahm Konietzka diesen Namen auch offiziell an.