Furioses Stadtderby in Hamburg: HSV ringt FC St. Pauli einen Punkt ab
Lange sah es im Hamburger Stadtderby nach einer klaren Sache aus: Der FC St. Pauli führte und war besser, doch der Hamburger SV kämpfte sich ins Spiel zurück und sicherte sich mit einem Doppelschlag im zweiten Durchgang das Unentschieden.
"Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht, speziell in der ersten Halbzeit. Wir gehen früh in Führung, was uns in die Karten gespielt hat", erklärte Fabian Hürzeler. Das 2:0 sei zwar glücklich aber auch durch Pressing erzwungen gewesen und der nächste Treffer der Kiezkicker lag in der Luft. "Wenn wir da das 3:0 machen, wäre das Spiel anders gelaufen", haderte der Trainer des FC St. Pauli jedoch aufgrund des verspielten Sieges mit der eigenen Chancenverwertung.
HSV kommt am Millerntor zurück: 2:2 im Stadtderby!
Zu einem guten Team gehören oft auch gute Standards – und so war es nicht verwunderlich, dass der FCSP die eigene Stärke bei Ecken nutzte, um in Führung zu gehen. Jackson Irvine verwandelte einen Volleyschuss nach Flanke von Connor Metcalfe im Netz. Dann machten die Kiezkicker weiter Druck und schossen den Ball erneut ins Tor – jedoch ohne einen gültigen Treffer, denn Torschütze Elias Saad stand beim Zuspiel knapp im Abseits. Für die ausgebaute Führung sorgte dann Hamburger "Slapstick", wie Coach Tim Walter es nach dem Spiel nannte.
Pechvogel Heuer Fernandes mit dem Eigentor des Jahres
Einen eigenen Abstoß spielte der Hamburger SV kurz aus. Torwart Daniel Heuer Fernandes legte auf Stephan Ambrosius, der spielte ans rechte Fünfereck zu Guilherme Ramos. Weil Heuer Fernandes währenddessen links breit zog, Ramos ihm aber mittig den Ball zuspielte, musste Heuer Fernandes auf sein eigenes Tor zulaufen - und kurz vor dem Befreiungsschlag hüpfte der Ball aufgrund eines Platzfehlers nach oben. Dadurch rutschte er dem HSV-Keeper über den Schuh und der donnerte sich den Ball, der möglicherweise hinter ihm gar nicht ins Tor gegangen wäre, selbst ins Netz.
Ein Fehler, den ihm beim HSV keiner böse nahm. Nach dem Spiel zeigten sich die Fans der Rothosen empathisch und zeigten dem Schlussmann durch "Heuer Fernandes!"-Sprechchöre ihren Rückhalt. "Natürlich ist es sehr schön, das zu hören", gab sich der Keeper nach der Partie erleichtert über die Fan-Unterstützung. "Das sieht natürlich scheiße aus", äußerte er sich zur Szene, "aber sowas passiert im Fußball, du kannst es dann auch nicht mehr rückgängig machen." Auch die Häme der gegnerischen Fans ließ ihn kalt: "Ich habe das wahrgenommen, aber mehr auch nicht." Und dann kam ja noch die starke Hälfte seines Teams: "Die zweite Halbzeit hat gezeigt, was wir für Qualitäten haben", so der glückliche Pechvogel des Abends.
Mit Umstellungen und Hamburger Herz zum Erfolg
Zur Pause fragte sich das Hamburger Trainerteam "Was ist jetzt die Lösung?", wie Walter nach der Partie verriet. Und er lieferte auch die Antwort: "Wir haben ein bisschen was angepasst und die Flügelspieler auf die breiten Innenverteidiger geschickt. Dadurch hatten wir Balleroberungen. Dann haben wir auch unsere zwei Tore erzielt, die sehr schön herausgespielt waren."
Die Umstellung vom ungewohnten 4-4-2 im ersten Durchgang auf das 4-3-3 in der zweiten Hälfte brachte den Erfolg. Ransford-Yeboah Königsdörffer (zuvor zweite Spitze, dann Rechtsaußen) dribbelte auf dem rechten Flügel an. Nachdem ihm der Ball im Dribbling etwas versprang, schnappte sich Ignace Van der Brempt den Ball und flankte kraftvoll ins Zentrum, wo Robert Glatzel im Fünfer am schnellsten reagierte und einnetzte. Auch das zweite Tor, diesmal über den linken Flügel und den zur Halbzeit eingewechselten Linksaußen Jean-Luc Dompé, der mit einer Flanke Immanuël Pherai im Zentrum fand, funktionierte über die neu formierten Außenbahnen. Pherai, der schon für Ex-Verein Braunschweig in seinem letzten Duell gegen St. Pauli doppelt traf und damit für die erste Niederlage der Kiezkicker unter Hürzeler sorgte (der HSV ließ in der Folgewoche eine zweite folgen), drehte sich um mehrere Gegner herum und setzte den Ball rechts unten ins Netz.
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"Die Tore fallen zu einfach", urteilte der Coach der Braun-Weißen im Nachgang, "weil wir solche Dinge bislang gut wegverteidigt haben, speziell die Entstehung beider Tore." FCSP-Stürmer Johannes Eggestein erklärte die Gegentore mit "zu großen Abständen zwischen den Ketten“ – und richtig zufrieden waren die Kiezkicker im Nachgang der Partie nicht, es wirkte wie zwei verlorene Punkte. Trotzdem wollte Hürzeler nicht zu viel Kritik üben: "Wir haben gegen den Tabellenzweiten unser Spiel gemacht, waren sehr dominant und bis auf die beiden Gegentore in der Defensive auch sehr kompakt. Das Ergebnis ist für uns zwar enttäuschend. Was die Leistung angeht, werden wir aber Phasen rausziehen, die definitiv positiv waren!"
Auch das Fazit des HSV war positiv, so erklärte Walter: "Ich bin sehr, sehr glücklich über unseren Punkt, weil er am Ende hochverdient war." Pherai bezeichnete das Unentschieden ebenfalls als "Punktgewinn". Zudem lobte der Torschütze den starken Zusammenhalt im Team. "Wir haben uns in der Halbzeit auch als Mannschaft gepusht. Bobby, Bascho, Ferro – es waren einige, die gute Worte gefunden haben. Wir haben Herz gezeigt!", gab es nicht nur positive Worte für Torjäger Glatzel und Keeper Heuer Fernandes, sondern auch für Kapitän Sebastian Schonlau. Der Innenverteidiger saß nach langer Verletzungspause erstmals wieder auf der Bank und kam zwar nicht zum Einsatz, hatte offenbar aber trotzdem seinen Anteil am Unentschieden.
Hamburger Hauke Wahl hatte "unfassbar Spaß"
Ein "ganz besonderes" Stadtderby war es auch für den gebürtigen Hamburger Hauke Wahl. "Es war mein erstes Hamburger Stadtderby", erklärte er, "das Ergebnis ist schon etwas enttäuschend. Es hat aber trotzdem unfassbar Spaß gemacht. Für solche Spiele spielt man Fußball!"
Als Kind war Hauke Wahl mal HSV-Fan, wie er kürzlich zugab. Doch "ich habe mich immer zu hundert Prozent mit den Vereinen identifiziert, bei denen ich war." Keine Gewissensbisse also beim Hamburg-Derby – und nach dem Spiel gab es großes Lob für die Anhänger die Kiezkicker: "Es war sehr viel auf den Rängen los. Es kam eine extrem gute Energie von unseren Fans. Sie haben uns, gerade in der Phase, als der Ausgleich gefallen ist, sehr unterstützt und uns nochmal Flügel gegeben."
Mit dem Unentschieden hielt der FC St. Pauli (31 Punkte) den Stadtrivalen auf drei-Punkte-Abstand und führt zudem mit sechs Treffern auch in Sachen Torverhältnis weiter deutlich. Der Hamburger SV (28 Punkte) ließ die Chance auf die Spitze verstreichen und verlor zudem den zweiten Tabellenplatz – ein anderes Team mit Hauke-Wahl-Bezug schob sich nun dazwischen: Holstein Kiel, von denen Wahl im Sommer zu den Kiezkickern gewechselt war, gewann mit 3:2 und steht nun mit 29 Punkten einen Zähler vorm HSV. Die Spitze der 2. Bundesliga ist derzeit ein reines Nord-Triell, gefolgt von Fortuna Düsseldorf und der SpVgg Greuther Fürth mit jeweils 27 Zählern.
Niklas Staiger
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