Defensive Meisterleistung: Leverkusen schaltet die Bayern-Offensive komplett aus
Bayer 04 Leverkusen hat beim Topspiel gegen den FC Bayern München vor allem mit einer defensiven Meisterleistung geglänzt und den Angriff des Rekordmeisters komplett ausgeschaltet ohne der eigenen Offensivpower dadurch zu schaden. Die "Werkself" von Xabi Alonso beweist sich damit als echtes Spitzenteam.
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Am Samstagabend um 17:30 Uhr waren viele überrascht: Xabi Alonso entschied sich bei Bayer 04 Leverkusen gegen seine Stammspieler Jeremie Frimpong, Jonas Hofmann und Patrik Schick und setzte stattdessen auf eine defensivere Variante mit Rechtsverteidiger Josip Stanišić, Rechtsaußen Nathan Tella, der zuletzt anstelle von Frimpong als Flügelverteidiger spielte, und dem schnellen Amine Adli in der Spitze. "Wir haben uns vorher etwas überlegt, um die Bayern zu überraschen", erklärte Mittelfeldmann Robert Andrich nach der Partie die unerwarteten Umstellungen.
"Gegen die Bayern muss man defensiv stark sein", analysierte Alonso nach der Partie das Erfolgsrezept, "das haben wir super gemacht, diszipliniert und kompakt gespielt. Wir haben fast keine Chance zugelassen." Und wie! Die Defensivarbeit der "Werkself" war gegen den Rekordmeister historisch gut. "Wir können das Spiel dominieren, manchmal müssen wir aber auch warten und kompakt verteidigen", erklärte Alonso die Marschroute der Werkself.
Spielbericht: 3:0 gegen Bayern! Leverkusen auf Titelkurs
Leverkusen nimmt Bayerns Offensive aus dem Spiel
Seit Beginn der Datenerhebung zu Expected Goals in der Saison 2018/19 gab es kein Team, das die Offensive des FC Bayern München so gut im Griff hatte. Bisher lag der Negativrekord der Münchner bei einem summierten Chancenwert von 0,5 Expected Goals (aufgestellt durch den 1. FSV Mainz 05 am 32. Spieltag 2021/22). Der FCB schoss zwar insgesamt achtmal in die Richtung des Tors der "Werkself", doch nur einer davon ging auf den Kasten. In der Summe ließ Leverkusen 0,27 Expected Goals zu - nur gut die Hälfte des bisherigen Rekords. "Wenn wir mal nicht den Ball hatten, waren wir sehr spritzig und immer an den Männern dran. Wir sind nie passiv geworden", freute sich Abwehrchef Jonathan Tah über die gute Leistung.
Ein klares Zeichen für die defensive Dominanz der Werkself: Superstürmer Harry Kane hatte in der ersten Hälfte der Partie gerade einmal acht Ballbesitzphasen. Obwohl die Bayern zu Beginn des zweiten Durchgangs dann versuchten, den spielkreativen Angreifer mehr in den Aufbau einzubinden, verhinderte Leverkusen diese Idee, sodass selbst nach 90 Minuten nur 20 Ballbesitzphasen auf dem Zettel stehen - so wenige wie noch nie im Bayern-Trikot und vermutlich überhaupt seit langer Zeit nicht mehr.
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Andere ziehen "den Bayern die Lederhosen aus" - nicht so Bayer 04 Leverkusen. "Wir haben ihnen ihre Stärken ausgezogen!", erklärte Kapitän Lukáš Hrádecký in Anlehnung an den berühmten Fangesang. Die Doppelsechs aus Andrich und Sommerneuzugang Granit Xhaka funktionierte herausragend und nahm jeden Spieler, der sich in den Leverkusener Sechser-Raum begab, mit hoher Disziplin auf. "Granit hat ein großes Kämpferherz und zeigte seine Führungspersönlichkeit. In den wichtigen Momenten ist Granit immer da", adelte Alonso nach der Partie seinen Mittelfeldregisseur.
Trotz defensiver Aufstellung: Volle Offensivpower der Werkself
Wenn die Bayern dann versuchten, das Zentrum zu überladen, machte sich Alonsos defensive Spielausrichtung bezahlt: Die Fünferkette gegen den Ball sorgte dafür, dass immer ein Innenverteidiger, meist Piero Hincapie links oder Edmond Tapsoba rechts, mit den Spielern aus der Kette treten und so die Doppelsechs unterstützen konnte, ohne defensiv zu viele Räume zu öffnen. "Es war unsere beste Leistung der Saison in der Arbeit zum eigenen Tor", lobte der Torhüter seine Vorderleute. "Wir hatten heute nicht so viel den Ball, waren dafür aber auch gegen den Ball dominant", beschrieb Trainer Alonso den Spielverlauf.
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Doch nicht nur in der Defensive hatte sich Alonso etwas besonderes überlegt. Auch im eigenen Ballbesitz agierte die "Werkself" anders als üblich. Anstatt beide Außenverteidiger hoch zu schieben und nur Linksverteidiger Alejandro Grimaldo situativ in den Viereraufbau einzuschalten, agierte Leverkusen mit dem Ball in einer klaren Viererkette, bei der Stanišić rechts in der Kette blieb, während Grimaldo links ins Mittelfeld vorschob.
Eine Entscheidung, die auch den FC Bayern überrascht hatte. Denn Thomas Tuchel hatte vor dem Spiel ebenfalls eine Anpassung vorgenommen und seine Mannschaft ungewohnt in einer Dreierkette auf den Platz geschickt - vermeintlich um das Leverkusener Offensivsystem zu spiegeln. Durch den umgestellten Aufbau der "Werkself" gelang das jedoch nicht. Immer wieder konnten die Außenverteidiger Stanišić und Hincapie weit ins Feld vordribbeln und Räume öffnen.
Alonso: "Ein anderes Spiel als sonst"
Im Schnitt hatte die Werkself diese Saison 57,8 Prozent Ballbesitz pro Partie - zweithöchster Wert der Bundesliga. Doch gegen die Bayern (mit 60 Prozent auf Platz eins) dominierte Leverkusen das Spiel in der Arbeit gegen den Ball, büßte in der eigenen Offensivgefahr dafür aber nicht ein. Immer wieder kamen Schnittstellenpässe von Florian Wirtz oder Xhaka hinter die Abwehrkette der Bayern, welche Tella und Adli mit ihrem hohen Tempo erliefen und Möglichkeiten kreierten. Am gegnerischen Strafraum angekommen kam dann wieder die hohe technische Klasse ins Spiel, die Leverkusen in dieser Saison schon so oft nachgewiesen hat.
"Heute war es ein etwas anderes Spiel als sonst", gab Xabi Alonso nach der Partie zu. Doch der Werkself-Coach und seine Spieler zeigten damit, dass nicht nur in ihrer Spielweise sondern vor allem im Fußball generell eine herausragende Mannschaft sind. Mit fünf Punkten und vier Toren Vorsprung hat Bayer 04 Leverkusen nun einen ordentlichen Puffer im Titelkampf. Alonso zeigte sich noch zurückhaltend, gab jedoch eine klare Marschrichtung aus: "Noch ist erst Februar. Es ist mein Job, sicherzustellen, dass die Spieler dieses Level beibehalten können. Wir müssen so weitermachen!"
Niklas Staiger
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