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Taktik-Check: So hat Mats Hummels Harry Kane im Klassiker ausgeschaltet

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Borussia Dortmund hat Harry Kane und den Angriff des FC Bayern München im Klassiker zur Verzweiflung getrieben - keinen einzigen Treffer erzielte die Top-Offensive der Bundesliga. bundesliga.de analysiert das BVB-Abwehrbollwerk rund um Schlüsselspieler Mats Hummels.

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Edin Terzić entschied sich dafür, im Klassiker keine besondere defensive Formation aufzustellen. Wie zuletzt stellte er ein Trio ins Mittelfeldzentrum mit Sechser Emre Can und einer Doppel-Acht davor. Anstelle von Marco Reus startete der etwas defensiver ausgerichtete Felix Nmecha an der Seite von Spielmacher Julian Brandt.

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In der Abwehrkette bekamen der zuletzt so starke Nico Schlotterbeck und Mats Hummels den Vorzug vor dem ebenfalls in den vergangenen Spielen gut aufspielenden Niklas Süle - vor allem die Wahl für den 35-jährigen Routinier zahlte sich für Borussia Dortmund im direkten Duell mit Harry Kane absolut aus.

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Hummels als Manndecker für Harry Kane

In dieser Formation traf der BVB auf den Spielaufbau im 3-1-4-2 des FC Bayern München. Dabei agierte Top-Stürmer Kane als linker Angreifer der Doppelspitze und war somit direkter Gegenspieler für Hummels. Die Strategie der Schwarzgelben wurde früh in der Partie klar: In enger Manndeckung sollte von Beginn an gesichert werden, dass der Münchner den Ball gar nicht erst an den Fuß bekommt. Mit gerade einmal 29 Ballbesitzphasen klappte das richtig gut. Kein FCB-Spieler hatte das Rund seltener unter Kontrolle.

Eine Schwäche von Hummels ist jedoch sein Tempo - gerade bei hohen Positionierungen an der Mittellinie musste Terzić sich also eine Lösung überlegen, wie er die Tiefe absichern kann. Dafür stand der agile Julian Ryerson immer eng eingerückt. Linksseitig unterstützte zwar auch Ian Maatsen etwas enger - im Pressing schob er aber zuweilen bis auf Bayerns Joshua Kimmich raus. Auf der rechten Seite wiederum musste Jadon Sancho häufiger zurück arbeiten, um den weit aufgerückten Alphonso Davies zu verteidigen.

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Hummels als zurückfallender Verteidiger

Dabei agierte Hummels trotzdem stets auch als Sicherheitsanker für seine Teamkollegen. Vor allem sein Abwehrkollege Schlotterbeck hat seine große Stärke darin, nach vorne zu verteidigen und den Ball schon frühzeitig zu erobern. Das bedeutet aber auch, dass hinter ihm immer wieder Räume aufgingen, die von Seiten des FC Bayern zu attackieren versucht wurden. Diese Räume zu verteidigen, war die Aufgabe von Mats Hummels. Er fiel hinter die Kette zurück und räumte ab, was an Schlotterbeck vorbei kam.

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In der 26. Minute etwa war das perfekt zu sehen - nach einem Ballverlust des BVB attackierte Schlotterbeck Thomas Müller im Zentrum, der zu Kane links spielte - und rechts war Leroy Sané frei durch. Hummels reagierte jedoch clever, ließ sich schon früh hinter Schlotterbeck zurückfallen und setzte zum diagonalen Sprint an. Am Strafraumrand kam er ins Eins-gegen-Eins mit Sané und trennte Bayerns Rechtsaußen vom Ball.

Nur weil Hummels diese absichernde, zurückfallende Rolle so hervorragend ausfüllte, konnte Schlotterbeck trotz solcher Lücken immer wieder aggressiv nach vorne verteidigen - und mit wichtigen Ballgewinnen Konter einleiten. So auch bei der frühen Führung des BVB. Eigentlich hatte Jamal Musiala gerade einen diagonalen Lauf direkt auf Schlotterbeck gestartet. Doch weil der linke Innenverteidiger herauspresste, wäre viel Raum für Musiala gewesen. Hummels erkennt das und nimmt den Lauf von Musiala auf. In dieser Szene fängt Schlotterbeck den Pass ab, Dortmund kontert und trifft zum 1:0 - wäre der Pass durchgekommen, hätte es jedoch auf der anderen Seite klingeln können, wenn Hummels diesen Laufweg nicht mitgeht.

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Hummels unterstützt seine Mitspieler

Dabei half ihm die enge Positionierung von Ryerson - denn, wenn Hummels einmal die enge Manndeckung von Kane aufgeben musste, war immer noch ein weiterer BVB-Verteidiger da, der sich mit dem Topstürmer des FCB beschäftigen konnte. Oft ließ es der routinierte Abwehrchef jedoch gar nicht erst dazu kommen. Durch seine große Erfahrung konnte er Spielsituationen frühzeitig verstehen und brachte sich in die bestmögliche Stellung, um trotz Kane unterstützend agieren zu können.

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Eine beeindruckende Szene gab es hier in der 34. Minute: Der FC Bayern attackierte über rechts, Musiala überlagerte die Seite und schaffte so Raum in seinem Rücken für Sané, der den Ball durchs Mittelfeld auf die linke Seite trug. Weil Ryerson den Tiefenlauf von Davies auf dem Flügel verteidigen musste, konnte Hummels Kane nicht übergeben - also schlich er sich bereits in der Entstehung um Kane herum, brachte sich in Stellung und attackierte Sané erst genau in dem Moment, als dieser zum Schuss ansetzte. Ein Pass zu Kane fiel damit weg, Hummels konnte ihn freilassen und blockte den Abschluss von Sané zur Seite weg. Hätte Kane frühzeitig versucht, sich nach rechts abzusetzen, hätte ihn der nachrückende Schlotterbeck aufnehmen können. Hummels zeigte perfektes Verteidigungsverhalten und machte die schwache Zuordnung seiner Vorderleute wieder gut.

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Auch gegen Tel: Hummels' Routine siegt

Mit einem Dreifachwechsel in der 63. Minute probierte Thomas Tuchel, Kane auf die rechte Stürmerseite zu stellen und so dem Mannbezug von Hummels zu entkommen. Für die restlichen 30 Minuten war der 18-jährige Mathys Tel Gegenspieler des 35-Jährigen. Der quirlige, umtriebige Stürmer sollte im Eins-gegen-Eins ein Problem für Hummels darstellen, der die vielen Laufwege Tels - anders als bei Kane - nicht mitgehen kann. 

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Doch auch davon ließ sich Hummels nicht beirren. Er blieb als defensiverer Innenverteidiger stets in der Abwehrkette und sicherte Schlotterbeck im Rücken ab, der von nun an Kane verteidigen musste und trotzdem noch für wichtige Ballgewinne sorgen sollte - auch wenn das aufgrund der Führung zweitrangig wurde.

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Im direkten Duell mit Tel kam es für Hummels vor allem auf Geduld an. Gegen einen schnellen, beweglichen Dribbler hätte Hummels im freien Raum wohl das Nachsehen. Doch der Abwehrchef machte es gut. Ob der Münchner Joker neben den Strafraum auswich oder sich in den Rückraum fallen ließ - stets wartete der BVB-Routinier den perfekten Moment ab. Wenn Tel sich mit einem unsauberen Kontakt aus dem Druck des Dortmunder Mittelfelds zu lösen versuchte, war Hummels sofort da, sprintete dazwischen und klärte den Ball aus der Gefahrenzone.

Es war ein nahezu perfektes Spiel vom neuen Rekordspieler des Klassikers (29 Einsätze). Lediglich einen Wermutstropfen gab es: In der 23. Minute verlor Hummels Kane einmal aus den Augen, nach einer Flanke von rechts kam dieser aus fünf Metern zur Kopfballchance, verfehlte aber. Diese Unsicherheit machte Hummels später jedoch wieder gut. Denn als freier Mann ohne Kane-Bezug konnte er seine Routine noch besser ausspielen. Das zeigte er bereits in der 35. Minute, als er bei einer Ecke den Überblick behielt und artistisch gegen Eric Dier auf der Torlinie klärte - aber auch später, als er sich im laufenden Spiel in den Serge Gnabry warf (67.) oder eine Flanke auf Kane perfekt abgrätschte (68.). Mats Hummels war der Schlüssel zur Null auf der Anzeigetafel.

Niklas Staiger