Wie Sebastian Hoeneß den VfB Stuttgart verwandelt hat
Gereift als Trainer, gelassen als Mensch: Sebastian Hoeneß führte den VfB Stuttgart aus dem Tabellenkeller in die UEFA Champions League.
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Als Sebastian Hoeneß Anfang April 2023 nach Stuttgart kam, betrat er eine Stadt voller Furcht und Finsternis. Zumindest kam es ihm so vor, als er seinen Job beim VfB aufnahm. "Überall herrschte Untergangsstimmung", erinnert er sich, "kaum einer hat mehr geglaubt, dass wir das Ding noch mal rumreißen können." Die Mannschaft stand bei acht ausstehenden Partien auf dem letzten Tabellenplatz. Der Club hatte außer verschiedenen sportlichen Krisen auch verschiedene Führungskrisen hinter sich. Die Finanzlage war sowieso chronisch angespannt.
Mit anderen Worten: Die Bedingungen für eine großartige Erfolgsgeschichte waren hervorragend. Genau so hat es Sebastian Hoeneß damals gesehen. "So überraschend das vielleicht klingt", sagt er, "aber für mich und für meine Arbeit war die Konstellation relativ günstig." Keiner erwartete von ihm ein Wunder, denn es erwartete ohnehin kaum mehr jemand etwas von dieser Saison, "und dann", so Hoeneß, "fällt es leichter, in eine andere Richtung zu gehen. Die Spieler und die Leute drumherum folgen einem erst mal." Eigentlich war das sogar genau die Herausforderung, die ihn gereizt hatte in Stuttgart, ein Traditionsclub mit all seiner Wucht. Erfolg hatte er schon bei Bayern München II als Meister der 3. Liga und bei der TSG Hoffenheim. Doch an diesen Standorten war das Umfeld ruhiger.
Als Hoeneß (42) mit diesen Worten seine ersten Tage beim VfB rekapituliert, sitzt er in einem Konferenzraum im Clubzentrum, dem sogenannten Roten Haus. Seine Zeit ist knapp, es ist viel zu tun, aber er ist trotzdem entspannt und gut gelaunt. Fast 16 Monate sind seit den Anfängen vergangen, und die großartige Erfolgsgeschichte geht weiter, Hoeneß befindet sich immer noch mittendrin. Nur die Ausgangslage, auch das klingt wieder paradox, ist nicht mehr so hervorragend, wie sie mal war: Abstiegskampf war vorgestern, der VfB tritt als Vizemeister in der UEFA Champions League an, es herrscht jetzt eine andere Sicht auf den Club. "Die Erwartungshaltung hat sich etwas geändert", stellt der VfB-Coach fest. "Der arme Sebastian wird in der nächsten Saison hoffentlich keine Schwierigkeiten bekommen", äußerte sich bereits besorgt ein bekannter deutscher Fußballmanager, der jedes Recht dazu hat, persönlich besorgt zu sein – denn Uli Hoeneß ist nun mal der Onkel des VfB-Trainers und Bruder von dessen Vater Dieter.
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Dass die Voraussetzungen in Stuttgart ein weiteres Mal ganz anders aussehen, das hat Sebastian Hoeneß an diesem Vormittag erfahren, als er das Training leitete. Einerseits war es ein ganz gewöhnliches Vorsaison-Training, andererseits stand es im Zeichen der neuen Zeiten, denn zum ersten Mal nahm Ermedin Demirović an den Übungen teil. Der 26-jährige Angreifer ist vom FC Augsburg gekommen und bis zu diesem Tag der Rekordeinkauf des VfB. Nie zuvor hat sich der Club einen so teuren Neuzugang geleistet. Dabei ist Demirovic ein Notwehrtransfer des Vizemeisters, der im Sommer die Gesetze der Fußballmarktwirtschaft zu spüren bekam. Die Nachfrage nach den Vizemeister-Spielern war groß. Der VfB musste Nationalspieler Waldemar Anton (zu Borussia Dortmund), Verteidiger Hiroki Ito (FC Bayern München) und Torjäger Serhou Guirassy ziehen lassen, der ebenfalls zum BVB gegangen ist. Die Bewegungen in seiner Mannschaft und die vielen Wechselspekulationen hatten Hoeneß schon im Urlaub beschäftigt: "Eine Zeit lang hat es nicht so viel Spaß gemacht, die kicker-App aufzumachen", sagt er – und lächelt.
Hadern ist nicht seine Sache, er bewertet die Situation rational, seine Ansichten vom Profifußball werden von Realismus bestimmt: "Ich kenne das Geschäft lang genug, um zu wissen, dass sich diese Dinge so entwickeln können. Wir sind leider nicht in der Lage, wirtschaftlich so zu agieren, dass alle Spieler bei uns bleiben. Fairerweise muss man sagen, dass wir es bei Ermedin Demirović ähnlich machen – da darf man also nicht moralisch argumentieren."
In der aktuellen Ausgabe 3/24 von BUNDESLIGA erzählt Sebastian Hoeneß auch, wie er den Kader für die Saison 2024/25 einschätzt und wie genau er die Abgänge von Waldemar Anton, Hiroki Ito und Serhou Guirassy kompensieren möchte. Den gesamten Text gibt es jetzt im ePaper.
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