Das Elfmeterschießen – alle Regeln und historische Fakten
Neben dem Freistoß und dem Eckstoß gilt das Elfmeterschießen als eine der wichtigsten Standardsituationen im Fußball. Der Showdown zwischen dem Torwart und dem Elfmeterschützen ist an Spannung und Dramatik kaum zu überbieten. Obwohl dieser Strafstoß als größtmögliche Torchance gilt, sieht die Realität anders aus: Laut Statistik liegt die Trefferquote lediglich bei 77 Prozent. Somit werden in der Bundesliga nur drei von vier Strafstößen verwandelt.
Was ist ein Strafstoß bzw. Elfmeter beim Fußball?
Ein Strafstoß bzw. Elfmeter ist ein vom Schiedsrichter beschlossener Schuss, der aus 11 Metern Entfernung zum gegnerischen Tor stattfindet. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie es zu einem Elfmeterschießen bzw. einem solchen Strafstoß kommen kann.
1. Nach einem Foul im Strafraum: Der Elfmeter (auch bekannt als Penalty) ist in diesem Fall eine vom Schiedsrichter verhängte Strafe für einen Regelverstoß im Strafraum.
2. Ermittlung des Siegers: Wird bei einem Wettbewerb zwingend nach einem Sieger verlangt und ist ein Spiel bzw. Hin- und Rückspiel unentschieden ausgegangen, wird das Match durch Elfmeterschießen entschieden. In der Bundesliga kann das zum Beispiel bei Relegationsspielen der Fall sein, der aber bis dato nur einmal so eingetreten ist. Weitaus häufiger kommt das Elfmeterschießen in DFB-Pokalspielen vor.
Die wichtigsten Regeln für das Elfmeterschießen nach einem Foul im gegnerischen Strafraum
Die Regeln für den Strafstoß, die das IFAB international festlegt, setzt der DFB in der deutschen Bundesliga um. Demnach gilt:
- Der Schiedsrichter erteilt dann einen Strafstoß, wenn im Strafraum einer Mannschaft ein Foul an einem Gegenspieler aufgetreten ist, zum Beispiel ein oder das unsportliche Zufallbringen eines angreifenden Spielers.
- Vor Ausführung des Strafstoßes wird der Ball auf dem Elfmeterpunkt platziert, der – wie die Bezeichnung vermuten lässt – genau 11 Meter von der Torlinie entfernt ist. Jetzt dürfen sich nur noch der zuvor ausgewählte Schütze und der Torwart im Strafraum aufhalten. Alle anderen Spieler müssen mindestens 9,15 Meter vom Elfmeterpunkt entfernt sein.
- Der Schiedsrichter gibt den Schuss mit einem Pfiff frei, und der Schütze muss den Ball nun nach vorne in Richtung des gegnerischen Tores schießen. Ein Schuss mit der Hacke ist erlaubt, wenn sich der Ball nach vorne bewegt.
- Der Torhüter darf den Torpfosten, die Querlatte oder das Tornetz erst berühren, nachdem der Schütze den Ball mit dem Fuß gespielt hat. Sein Blick richtet sich auf den Schützen, während er genau auf der Torlinie zwischen den Torpfosten zu stehen hat.
- Erst nachdem der Ball von einem anderen Spieler berührt wurde, darf der Schütze ihn nach einem Elfmeter wieder spielen. Abgeschlossen ist der Strafstoß, wenn der Ball sich nicht mehr bewegt, aus dem Spiel ist oder das Spiel wegen eines Regelverstoßes unterbrochen wird. Ein Strafstoß muss auch dann noch ausgeführt werden, wenn die reguläre Spielzeit abgelaufen ist.
- Wiederholt werden muss ein verwandelter Strafstoß beispielweise, wenn ein Mitspieler des Schützen durch ein Vergehen "den Torhüter eindeutig beeinträchtigt oder der fehlbare Spieler den Ball spielt oder einen Zweikampf um den Ball führt und dann ein Tor erzielt oder zu erzielen versucht oder eine
Torchance kreiert". Verfrühtes Einlaufen eines Mitspielers des Schützen in den Sechzehner reicht allein nicht dafür aus. - Das gilt andersherum auch bei Mitspielern des Torhüters: Bei gehaltenen Strafstößen wird eine Wiederholung notwendig, wenn das Vergehen eines Mitspielers des Torhüters "den Schützen eindeutig beeinträchtigt oder der fehlbare Spieler den Ball spielt oder einen Zweikampf um den Ball führt und dies den Gegner daran hindert, ein Tor zu erzielen oder zu erzielen zu versuchen oder eine Torchance zu kreieren."
Ergänzungen bei Ermittlung des Siegers:
- Um gleiche Bedingungen zu gewährleisten, schießen beide Schützen auf dasselbe Tor, welches der Schiedsrichter entweder aufgrund bestimmter Gegebenheiten festlegt oder durch das Werfen einer Münze auslost.
- Pro Mannschaft treten je fünf Schützen – immer abwechselnd – zum Elfmeterschießen an. Liegt eine Mannschaft nach ihren fünf bzw. den insgesamt zehn Schüssen vorne, hat sie gewonnen, was beispielsweise bei einem 3:0 oder 4:2 der Fall wäre. Schießt aber jeder Schütze ein Tor, müssen weitere Schützen ausgewählt werden, bis ein Team unaufholbar vorne liegt.
- Die Spieler – mit Ausnahme des Torschützen und der beiden Torhüter – müssen sich im Mittelkreis aufhalten.
Der DFB hat die Elfmeterregeln im Jahr 2022 verschärft: Konkret geht es um die Vorschrift, dass ein Torwart sich während eines Elfmeters zumindest mit einem Teil seines Fußes auf, über oder hinter der Torlinie befinden muss. Sollte der Keeper sich zu früh von der Torlinie lösen, muss der Strafstoß wiederholt werden, denn der bislang geltende Toleranzbereich fällt weg.
Schon gewusst? Beim Elfmeterschießen steht manchmal ein Feldspieler im Kasten, während der Torhüter als Schütze agiert. Als einer der erfolgreichsten Tormänner beim Elfmeterschießen gilt Hans Jörg Butt. Der ehemalige deutsche Nationalspieler lochte 26 von 31 Strafstößen zuverlässig ein – mehr als jeder andere Torwart in dieser Situation.
Bewährte Tricks und Taktiken für den Elfmeter
Der Druck, der beim Elfmeterschießen auf den Spielern lastet, ist enorm hoch. Neben fußballerischem Können und Nerven aus Stahl ist vor allem die richtige Taktik ausschlaggebend.
Der polnische Spieler Robert Lewandowski gilt als "König des Elfmeters" und hat seine Technik über die Jahre perfektioniert. Der Stürmer nimmt trippelnd Anlauf, analysiert blitzschnell die Bewegungen des gegnerischen Keepers und schießt den Ball dann mit einer Geschwindigkeit von über 100 km/h bevorzugt in die rechte oder linke untere Ecke.
Wie funktioniert das Elfmeterschießen besonders effektiv? Indem der Schütze den Ball exakt in die linke oder rechte obere Längsecke schießt. Dann ist der Torwart in der Regel chancenlos, weil seine Reaktionszeit zu lang ist – außer, er entscheidet sich bereits für eine Ecke, bevor der Spieler den Ball überhaupt berührt. Ergeben haben das die mathematischen Berechnungen einer Studentin der Universität Erlangen-Nürnberg, bei der sie unter anderem die Fußballgröße, die Maße des Tores und die Schnelligkeit des Balls berücksichtigte.
Welche Bedeutung hat das Elfmeterschießen für die Relegation?
Unter Relegation versteht man zwei Spiele – Hin- und Rückspiel –, die über den Auf- oder Abstieg in eine andere Liga entscheiden. Relegationsspiele werden sowohl zwischen der Bundesliga und 2. Bundesliga als auch der 2. Bundesliga und 3. Liga ausgetragen.
Nachdem seit der Bundesligasaison 2021/2022 die sogenannte Auswärtstorregel weggefallen ist, kommt es bei einer gleichen Toranzahl nach dem Hin- und Rückspiel nun zu einer Verlängerung und nach einer torlosen zu einem alles entscheidenden Elfmeterschießen.
Als die Auswärtstorregel noch galt, erreichte die Mannschaft die nächste Runde, die bei einer gleichen Anzahl von Toren mehr Auswärtstore erzielt hatte.
Ein wenig Statistik: das längste Elfmeterschießen der Geschichte
Seit dem Jahr 1976 findet das Elfmeterschießen zur Ermittlung des Siegers weltweit Anwendung. Wie lange ein Elfmeterschießen geht, hängt – natürlich im Rahmen der zutreffenden Regel – von der Performance der Elfmeterschützen und des Torwarts ab.
Wann und wo stieg das längste Elfmeterschießen der Welt? Sage und schreibe 54 Elfmeter waren im März 2022 beim Pokalspiel der englischen Zehntligisten Washington FC und Bedlington Terriers nötig, um die Entscheidung für Washington herbeizuführen (25:24). Neuer Weltrekord und mehr Tore als Zuschauer am Rande des Fußballplatzes – und das ausgerechnet im elfmetergeplagten England.
Als längstes Elfmeterschießen in Deutschland gilt die DFB-Pokal-Partie zwischen dem SV Sandhausen und dem VfB Stuttgart in der Saison 1995/1996, die Regionalligist Sandhausen mit 15:14 für sich entschied und damit die Stuttgarter aus dem Pokal warf. 25 Elfmeter wurden in Folge verwandelt, ehe VfB-Profi Hendrik Herzog das Ausscheiden seines Teams mit einem Pfostenschuss besiegelte.
Wissenswertes und Kurioses rund um das Elfmeterschießen
- Wer hat’s erfunden? Karl Wald, ein Schiedsrichter aus Oberbayern, dachte sich das Elfmeterschießen im Jahr 1970 aus. Davor war der Sieger bei zähen Unentschieden mittels Losverfahren ermittelt worden, was Wald als sportlich ungerecht empfand.
- Das große Jubiläum: Am 12.12.2021 verwandelte Patrik Schick von Bayer 04 Leverkusen den 5.000 Elfmeter in der Geschichte der Bundesliga.
- Treffsicherster Schütze: Hans-Joachim Abel verwandelte 16 von 16 Elfmetern in der Bundesliga, Mehmet Scholl elf von elf. Trefferquote: 100 Prozent. Zu den schlechtesten Schützen zählen Tim Borowski und Dieter Krafczyk, die alle drei Elfmeter, zu denen sie angetreten waren, verschossen.
- Elfmeter-Profi 1. FSV Mainz 05: Die Rheinhessen galten beim Thema Elfmeter lange Zeit als treffsicherste Mannschaft in der Geschichte der deutschen Bundesliga. Neun Jahre lang verwandelten sie jeden einzelnen der ihnen zugesprochenen 36 Elfmeter, ehe die Erfolgsserie im August 2022 riss.
- Der "Sockenzettel": Aus Sicht des Torwarts ist die "psychologische Kriegsführung" mitentscheidend, um die zum Torschuss antretenden Elfmeterschützen zu verunsichern. Das Paradebeispiel: der Spickzettel, den Jens Lehmann im WM-Viertelfinale 2006 gegen Argentinien von Torwarttrainer Andreas Köpke zugesteckt bekam und vor Beginn des Elfmeterschießens unter seinem Stutzen hervorzauberte. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass ihm die dort notierten Schusseigenschaften der gegnerischen Spieler kaum weitergeholfen haben – dennoch überstand die DFB-Elf das Elfmeterschießen und schaffte den Einzug ins Halbfinale gegen Italien.