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60 Jahre Bundesliga

2001: Das dramatischste Meister-Fernduell der Bundesliga-Geschichte

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Im Jahr 2001 hat die Bundesliga ihr wohl dramatischstes Saisonfinale aller Zeiten erlebt. Der FC Schalke 04 kämpfte im Fernduell mit dem FC Bayern München um die Deutsche Meisterschaft. Dieser 34. Spieltag löst bei vielen Fans beider Vereine wohl bis heute noch Gänsehaut aus, im positiven wie im negativen Sinne...

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"Wer vorher feiert, feiert meistens umsonst", stellte Rudi Assauer tief enttäuscht, aber mit gewohnt klarer Kante fest. Eine Erkenntnis, die jüngst erst Borussia Dortmund nach dem verpatzten Meistertitel im Fernduell mit dem FC Bayern München am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison gewinnen musste. Was aber der Revierrivale FC Schalke 04 22 Jahre zuvor am 19. Mai 2001 erlitt - ja, anders kann man es wohl kaum beschreiben -, ist an Dramaturgie bis auf Weiteres schwer zu überbieten. 

Die Ausgangslage für die Gelsenkirchener konnte vor dem 34. Spieltag der Saison 2000/2001 nicht schwieriger sein: Nach einer 0:1-Niederlage in Stuttgart und dem Münchener Sieg gegen Kaiserslautern (2:1), war der FCB vor dem Saisonfinale drei Punkte an der Tabellenspitze weggezogen. Das bessere Torverhältnis war allerdings aufseiten der Königsblauen (+28 zu +25). S04 benötigte im Schlussakkord gegen die SpVgg Unterhaching zwingend einen Heimsieg, Bayern München musste zeitgleich beim Tabellendreizehnten Hamburg patzen. 

Alles war an diesem Samstagnachmittag angerichtet für ein denkwürdiges Meisterfinale. In einem pickepackevollen Parkstadion, das in der darauffolgenden Saison von der Veltins-Arena "ersetzt" wurde, wollten die Schalker vor rund 65.000 Zuschauern gegen ein gegen den Abstieg kämpfendes Unterhaching ihre Hausaufgaben machen, um die Chance auf das königsblaue Wunder zu wahren. Im Hamburger Volksparkstadion reichte den Münchenern ein Punkt, um die 17. Bundesliga-Meisterschaft und den dritten Titel in Folge einzufahren.

S04 schien dem Druck nicht standzuhalten: Bereits in der 3. Minute brachte Andre Breitenreiter - in der Saison 2015/16 Trainer der Knappen - die Hachinger mit 1:0 in Führung. In der 27. Minute erhöhte Miroslaw Spizak zum 2:0 - große Ernüchterung bei den Gelsenkirchenern. Unmittelbar vor der Pause besorgten jedoch Nico van Kerckhoven (44.) und Gerald Asamoah (45.) mit einem Doppelschlag den Gleichstand. Leichte Hoffnung keimte wieder auf. Und Bayern? Das tat sich gegen engagierte Rothosen ebenfalls schwer, hielt aber in Halbzeit eins dank eines starken Keepers Oliver Kahn den Kasten sauber.  

Rudi Assauer und Schalkes Spieler freuen sich beim Spiel gegen Unterhaching über den vermeintlichen Titelgewinn - IMAGO / Sven Simon

Nach Wiederbeginn musste Schalke mit dem 2:3 durch Jan Seifert (69.) einen weiteren Rückschlag hinnehmen, konterte diesen dennoch wenig später mit einem erneuten Doppelschlag. Jörg Böhme schoss S04 mit einem Freistoß und einem Lupfer auf die Siegerstraße (73./74.). In der Hansestadt kam Bayern allmählich ins Grübeln. Von Risikobereitschaft war beim Team von Trainer Ottmar Hitzfeld keine Spur. Nachdem Ebbe Sand den 18. Schalker Saisonsieg mit dem 5:3 in der 89. Minute klarmachen sollte und der Abpfiff pünktlich ertönte, waren in Gelsenkirchen und ganz Fußball-Deutschland die Augen auf das Spiel HSV gegen FCB gerichtet. Sollten die Münchener noch stolpern und durch Schalke vom Thron gestoßen werden? 

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Die Bundesliga wäre schließlich nicht die Bundesliga, wenn das Drama in der 90. Minute nicht auf die Spitze getrieben worden wäre: Flanke Marek Heinz, Kopfball Sergej Barbarez, rechter Innenpfosten, Tor - 1:0 Hamburg! Bayern schien tatsächlich Federn zu lassen! Der FC Schalke 04 war nach 1958 wieder Deutscher Meister - dachten zumindest alle. Die frohe Kunde verbreitete sich im Parkstadion wie ein Lauffeuer, alle Dämme brachen, Schalkes damaliger Manager Assauer und Co. rissen die Fäuste in den Gelsenkirchener Himmel. 

Bayerns Stefan Effenberg und Co. präsentieren die Meisterschale in Hamburg - IMAGO / Ulmer

Rollo Fuhrmann, damals Field-Reporter beim übertragenden Sender Premiere, teilte seinem ersten Gesprächspartner und Schalke-Spieler Andreas Müller mit: "Es ist zu Ende in Hamburg, Schalke ist Meister." Doch die Partie in Hamburg war nicht zu Ende, denn Schiedsrichter Dr. Markus Merk hatte vier Minuten Nachspielzeit angeordnet. Auf der Stadionleinwand des Parkstadions wurden die Geschehnisse aus Hamburg eingeblendet. Was die S04-Fans dort zu sehen bekamen, wird ihnen wohl heute noch kalt den Rücken runterlaufen. 

Bayern-Abwehrspieler Patrik Andersson stand nach dem wohl umstrittensten Rückpass aller Zeiten zum indirekten Freistoß bereit. Merk hatte Hamburgs Tomas Ujfalusi vor der Aufnahme des Torhüters Mathias Schober zuletzt am Ball gesehen und eben nicht Paulo Sergio. Es war die letzte Minute der Nachspielzeit, Stefan Effenberg tippte die Kugel an und Andersson drosch diese aus zehn Metern links unten ins Netz. Ekstase beim Rekordmeister. Bayern schnappte sich die Deutsche Meisterschaft in buchstäblich letzter Sekunde! "Da ist das Ding, da ist das Ding", schrie Kahn anschließend mit der Schale in der Hand in Richtung des Bayern-Fanblocks.

Schalkes Fans beim DFB-Pokalfinale 2001, das S04 2:0 gegen Union Berlin gewinnt - IMAGO / Sven Simon

Vermutlich wurde nach dem Andersson-Schuss der Begriff "Dusel-Bayern" geboren, der von gegnerischen Fans bis heute gerne mal bei knappen Siegen der Münchener verwendet wird. Für alle S04-Anhänger war es indes ein Stich ins Herz. Vier Minuten lang sahen sie sich am Ziel ihrer Träume und mussten live mitansehen, wie Andersson diese platzen ließ. Ganz Schalke war in Schockstarre, Tränen flossen in Strömen. Die Knappen wurde zum "Meister der Herzen". 

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"Und wenn du dann die Jungs siehst wie sie reinkommen, und sie heulen und nehmen dich in Arm, das ist grausam, das ist grausam", beschrieb Assauer seine Gefühlslage weit nach Spielschluss. Freud und Leid liegen im Fußball manchmal ziemlich nah beieinander. Für den FC Bayern München wird dieses historische Saisonfinale als Sinnbild ihrer Mia-san-mia-Mentalität wohl für immer in Erinnerung bleiben. Beim FC Schalke 04 glauben sie spätestens seit diesem 19. Mai 2001 nicht mehr an einen Fußballgott, zumindest nicht an einen königsblauen. 

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